Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
4,5 |
Gesamtnote 1. Examen |
5,23 |
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer begann die Prüfung mit einem kurzen Fall, den er uns diktierte und der von einem Prüfling wiederholt werden sollte. Dieser lautete etwa: A inseriert seinen privaten PKW in einer Facebook-Gruppe. Daraufhin vereinbart B mit ihm einen Besichtigungstermin. Nach der Besichtigung sagt B zu A, dass er noch Bedenkzeit braucht & sich danach bei ihm meldet. Am nächsten Tag schreibt B dem A eine Nachricht über WhatsApp, die ein Autosymbol & drei Mal das „Daumen hoch“-Symbol beinhaltet. A antwortet ebenfalls per WhatsApp ein Konfetti-, ein Sekt- & ein „Händeklatschen“-Symbol. Geprüft haben wir das Zustandekommen des Kaufvertrags gemäß § 433 BGB. Dabei kam es dem Prüfer besonders auf eine sehr kleinschrittige Prüfung der Einigung zwischen A & B mit genauen Definitionen und einer sauberen Subsumtion an. Ein Prüfling begann zu prüfen, ob ein Angebot in dem Inserat des A vorliegt. Es wurde das Vorliegen einer bloßen „invitatio ad offerendum“ festgestellt. Der Prüfer stellte hier nähere Fragen dazu, wie diese zum Angebot abzugrenzen ist und allgemeine Fragen zur Privatautonomie. Anschließend prüften wir das Vorliegen eines Angebots in der Nachricht des B und einer Annahme in der Antwort des A. Es kam der Prüfer besonders darauf an, den inneren & äußeren Erklärungstatbestand einer Willenserklärung zu definieren. Dabei musste festgestellt werden, dass der fehlende äußere Erklärungstatbestand durch Auslegung ermittelt werden kann. Wir gingen auf die normative Auslegung (objektiver Empfängerhorizont, § 157 BGB) ein und er stellte weitere Fragen zu anderen Auslegungsmethoden, insbesondere der natürlichen Auslegung (tatsächlicher Wille des Erklärenden, § 133 BGB).
Anschließend stellte der Prüfer seine – aus den Protokollen bekannten – Fragen zu den Beweismitteln der ZPO (SAPUZ) und wollte weiter wissen, welche von diesen bezogen auf den Fall sinnvoll sind. Hierbei war es ihm wichtig, aus der Sicht eines Rechtsanwalts zu argumentieren. Insbesondere auf den Urkundsbeweis sind wir näher eingegangen (Ausdruck des Screenshots vom Chatverlauf). Gefragt wurde, wo dieser geregelt ist und was in diesem Fall problematisch sein könnte (evtl. fehlt Beweisfunktion). 1. Abwandlung: Mein Freund schickt mir ein „Event“ als WhatsApp Nachricht. Ich antworte drei Mal das „Daumen hoch“-Symbol. Daraufhin kauft er auch ein Ticket für mich & will das Geld dafür. Zu Recht? Es kam der Prüfer insbesondere auf die Abgrenzung des Kaufvertrags zur reinen Gefälligkeit und dem Auftrag gemäß § 662 BGB an und er fragte nach Unterschieden zwischen diesen. 2. Abwandlung: A sagt: „So habe ich das nicht gemeint“. Welche Möglichkeiten hat er? Der Prüfer wollte in diesem Fall auf die Möglichkeit einer Anfechtung hinaus. Es sollten die möglichen Anfechtungsgründe und die Voraussetzungen der Anfechtung genannt werden. Er fragte, worauf ein Rechtsanwalt evtl. achten müsse, und wollte als Antwort insbesondere die Beachtung der Anfechtungsfristen hören. Auch hier sollten sinnvolle Beweismittel genannt werden. Dabei wollte er insbesondere auf den Zeugen hinaus (evtl. jemand anwesend im Zeitpunkt, in dem die Nachricht geschrieben wird, der etwaige Äußerungen dazu beweisen kann). Zuletzt sollten die Formvorschriften des BGB genannt und beschrieben werden und es wurden vereinzelt nähere Fragen dazu gestellt.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Saarland im Januar 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.