Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
8,3 |
Endnote |
9,1 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Vermögensdelikte, Körperverletzungsdelikte, Theorienstreits, StPO
Paragraphen: §263 StGB, §113 StGB, §223 StGB, §123 StGB, §315c StGB
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner, har am Fall
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer stellt uns ebenfalls einen Fall vor. Diesen teilte er jedoch nicht aus, sondern las ihn uns in kurzen Abschnitten vor, sodass man gezwungen war mitzuschreiben. Das führte zu einigen Verständnisproblemen bei uns Prüflingen, wodurch vor Beginn der Fallbearbeitung einige Nachfragen erforderlich waren, welche jedoch beantwortet wurden. Sachverhalt (gedanklich wiedergegeben) A leidet unter Geldsorgen und hat gehört, dass der Rentner R einiges an Geld und Wertgegenständen in seiner Wohnung hat. Daraufhin beschließt A die Wohnung des R vorerst auszukundschaften. Dafür klingelt er beim R und gibt sich als Vertreter der Stadtwerke aus, woraufhin R den A hereinlässt. Strafbarkeit des A? Der Prüfer nahm mich als ersten Prüfling dran und fragte mich, welche Strafbarkeit mir einfiele. Ich begann den Hausfriedensbruch nach § 123 I StGB zu prüfen und kam darauf zu sprechen, dass eine Strafbarkeit hier an einem tatbestandsausschließenden Einverständnis seitens des R scheitern könnte. Ich überlegte dann kurz laut, ob die Täuschung des A daran etwas ändern würde und erläuterte dann jedoch die Abgrenzung zur rechtfertigenden Einwilligung und dass es beim tatbestandsausschließenden Einverständnis nur auf die natürliche Willensfähigkeit ankommen würde. Daher hätte die Täuschung des A hier keinen Einfluss auf den Willen des R, da dieser dennoch freiwillig zustanden gekommen sei. Der Prüfer fragte mich noch, wieso dies so sei. Ich argumentierte mit dem Schutzzweck der Norm, wobei ich auf den besonderen Schutz der Wohnung aus Art. 13 GG abstellte und anführte, dass die Privatsphäre durch den Wohnungsinhaber freiwillig aufgegeben worden wäre und daher nicht mehr schützenswert sei. Der Prüfer schien damit zufrieden zu sein. Anschließend fragte er noch meine Mitprüflinge zu ihren Meinungen. Abwandlung: Nachdem A die Wohnung des R verlassen hat und zu seiner Wohnung zurückkehrt, sieht er an der Hauswand ein mit einem Schloss gesichertes Mountainbike. A nimmt sich das Fahrrad und trägt es mitsamt Schloss in seine Wohnung, wo er das Schloss aufsägt. Strafbarkeit des A? Hier wollte der Prüfer die einschlägigen Straftatbestände hören, aber insbesondere darauf hinaus, ob das Fahrradschloss eine andere Schutzvorrichtung i.S.d. § 243 I Nr. 2 Alt. 2 StGB sei. Abwandlung: A hat sich, nachdem er die Wohnung ausgekundschaftet hat, dazu entschlossen die Tat umzusetzen. Er klingelt erneut bei dem R und als dieser die Tür öffnet, stürmt A herein und an dem erschrockenen R vorbei zum Tresor. Am Tresor angekommen stellt A fest, dass dieser durch einen 4-stelligen PIN gesichert ist. Um die Zahlenkombination herauszubekommen, fuchtelt er mit einem mitgebrachten Messer wild vor dem R herum. Dabei bemerkt er, dass der R vollständig blind ist und das Messer nicht wahrnehmen kann. Er fordert den R daher auf ihm den PIN herauszugeben, da er ein Messer dabeihabe und dies auch einsetzen würde. R gibt den PIN heraus, woraufhin A die Sachen in seine Tasche steckt. Strafbarkeit des A? Bei diesem Abschnitt ging es insbesondere um die Abgrenzung von Raub/räuberischer Erpressung den Streit um die Definition des gefährlichen Werkzeuges in § 250 I Nr. 1 a) StGB sowie ob bereits ein Verwenden vorlag, wenn der R das Messer überhaupt nicht wahrnahm. Abwandlung: A flüchtet aus der Wohnung und fährt mit dem Fahrrad weg. Etwa 5 min später und etwa 1 k m von der Wohnung des R entfernt, trifft er auf den Polizeibeamten P. Dieser stellt sich dem A in den Weg und will ihn verwarnen, da dieser den Fußweg falsch befährt. A denkt, dass P von der Tat Bescheid wisse und will, fliehen. Aus diesem Grund fährt A schnell auf den P zu, woraufhin dieser im letzten Moment aus dem Weg springen muss und sich den Knöchel verstaucht. A hat dabei billigend in Kauf genommen den P umzufahren. Strafbarkeit des A? Zu prüfen waren hier insbesondere die Straßenverkehrsdelikte §§ 315b, 315c, eine gefährliche Körperverletzung, §§ 223, 224 I Nr. 2, Nr. 5 StGB und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte § 113 StGB. Zum Schluss stellte der Prüfer noch einen Fall zur StPO. Die Polizei verdächtigt den A und will diesen bei seiner Wohnung aufsuchen. Im Hausflur treffen sie auf seine Mutter die lautstark ruft: „Hätte ich das mit dem R gewusst, dann hätte ich ihm das ausgeredet.“ Darf die Aussage der Mutter verwertet werden? Die Antwort auf die Frage steht nicht in der StPO und man kann sie auch nur dann beantworten, wenn man StPO wirklich gelernt hat. Ich habe es nicht, daher konnte ich die Frage auch nicht beantworten.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Sachsen-Anhalt vom Januar 2025. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.