Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
8,63 |
Gesamtnote 1. Examen |
9,06 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: protokollfest
Prüfungsthemen: Zulässigkeit einer Anfechtungsklage – insb. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, einstweiliger Rechtsschutz im Verwaltungsrecht – insb. Aussetzungsverfahren gem. § 80 V 1 VwGO, grundrechtliche Bezüge – insb. Art. 6 II 1 GG
Paragraphen: §40 VwGO, §80 VwGO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, lässt Meldungen zu
Prüfungsgespräch:
Die Prüfung begann damit, dass der Prüfer uns folgenden Fall schilderte: „Die Eltern des 7jährigen A sind Adventisten, die ihren Sohn von der Schule nehmen wollen, nachdem bekannt wird, dass dort im kommenden Schuljahr ein St. Martinsfest und eine Karnevalsveranstaltung geplant sind. Der Junge soll stattdessen zuhause nach den Lehren der frommen Gemeinde des 16. Jhdt. unterrichtet werden. Die Schulbehörde schickt auf Grundlage des fiktiven § 36 SchulG (abgedruckt) einen Bescheid, wonach sie den A weiter staatlich beschulen lassen wollen. Die Eltern wollen sich dagegen wehren, in den USA wäre Homeschooling ja auch möglich und die Amish People würden auch geduldet werden. Sie wenden sich an Sie als Rechtsanwalt …“ Anschließend ließ er den ersten Kandidaten diesen Fall mit einigen Worten zusammenfassen und es begann das Prüfungsgespräch. Zunächst sollte der erste Kandidat praktisch wiedergeben, was er als Rechtsanwalt in diesem Fall zunächst getan hätte, wenn die Eltern mit dem Bescheid zu ihm gekommen wären. (Bescheid ansehen, auf Inhalt, Fristen, Begründung und insbesondere die Rechtsbehelfsbelehrung war zu achten). Als nächstes sollten die Zulässigkeitsvoraussetzungen der statthaften verwaltungsgerichtlichen Klage geprüft werden. Begonnen wurde klassischerweise mit der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, bei der wir uns ziemlich lange aufhielten. Es wurde neben der Benennung der genauen Theorien zur Bestimmung einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit auch ihre geschichtliche Herleitung erwartet. Gefragt wurde zudem, was es für den Verwaltungsrechtsweg bedeutet, wenn keine Klageart einschlägig ist (Antwort: Das Verwaltungsgericht ist trotzdem zuständig, aufgrund der Passage „alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten“ in § 40 I 1 VwGO. Dies ist mit der Rechtswegs Garantie nach Art. 19 IV GG zu begründen). Es folgten einige Exkurse zum einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 80 V 1 VwGO. Der Prüfer wollte dabei unter anderem wissen, was den § 80 V VwGO ausmacht (Antwort: Abwägung des staatlichen Vollzugsinteresse mit dem privaten Aussetzungsinteresse.). Außerdem erwartete er einige Ausführungen zu der Zulässigkeit eines derartigen Antrags und wir beschäftigten uns einige Zeit mit § 80 II VwGO und § 80 III VwGO. Er thematisierte zu dem kurz die erforderliche summarische Prüfung im Rahmen des Eilrechtsschutzes. Anschließend kehrten wir zum ursprünglichen Fall zurück, wo zunächst die Frage zu diskutieren war, ob die Eltern für A Rechtsschutz begehren könnten oder nur für sich selbst. Diese Frage war im Rahmen der Klagebefugnis zu beantworten, wobei es um die jeweils betroffenen Rechte ging. Wir arbeiteten also ggf. verletzten Rechte heraus, wobei es in erster Linie um betroffene Grundrechte der Eltern bzw. des Kindes ging. Dabei kam die Frage vom Prüfer, was der Sinn und Zweck des Art. 7 GG wäre. Er wollte dabei auf die Frage hinaus, weshalb der Staat die Hoheit über die schulische Ausbildung besitzt. Es folgten zum Ende noch einige Ausführungen zur verwaltungsgerichtlichen Klageprüfung (vor allem richtiger Klagegegner und Vorverfahren), bevor er die Prüfung mit einer Anekdote aus einer Richterzeit ausklingen ließ. Insgesamt fand ich, dass die Prüfungszeit sehr schnell rumging, obwohl bei uns das Öffentliche Recht zuletzt geprüft wurde und der Prüfer zudem noch etwas überzog. Mir ist kein Urteil als Grundlage für den vom Prüfer gestellten Fall bekannt, allerdings stellte er diesen Fall bereits vor einem Jahr in einer mündlichen Prüfung.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem ersten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Sachsen-Anhalt im Juli 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.