Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg im April 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 | 3 |
Vorpunkte | 10,7 | 10,8 | 11,5 |
Aktenvortrag | 16 | 16 | 15 |
Prüfungsgespräch | 15 | 16 | 15 |
Wahlfach | 16 | 16 | 15 |
Endnote | 12,2 | 12,4 | 12,8 |
Endnote (1. Examen) | 12,8 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: protokollfest, aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: nur Strafprozessrecht, Beschlagnahmefreiheit, Entbindung von der Schweigepflicht, postmortales Persönlichkeitsrecht, Aufklärungsrüge in der Revision, Beweisverwertungsverbot bei Verletzung des Richtervorbehalts nach § 105 StPO, Hypothetischer Ersatzeingriff, § 161 Absatz 2 StPO
Paragraphen: §97 StPO, §53 StPO, §102 StPO, §161 StPO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer prüfte zwei Fälle, die jeweils einer neueren Entscheidung nachgebildet waren. Gleich zu Beginn der Prüfung, wies er darauf hin, dass er nur Strafprozessrecht prüfen wolle und wir uns deshalb nicht zu StGB-Fragen äußern sollten. In der Prüfung kamen die Kandidaten dann der Reihe nach dran.
Zunächst ging es um ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung. Eine Person war versehentlich angefahren worden Und verstarb dann im Krankenhaus. Dort kam es möglicherweise noch zu einem mitursächlichen Behandlungsfehler. Man sollte sich nun in die Rolle des ermittelnden Staatsanwalts versetzen und überlegen, wie und ob man im Verfahren gegen den Fahrer an die Patientenakte gelangen könnte. Das Krankenhaus verweigert die Herausgabe.
Wir kamen auf § 94 StPO und prüften die Beschlagnahmefreiheit nach § 97 Absatz 1 Nr. 2 und Nr. 3 StPO. In diesem Zusammenhang ging es um die Frage, ob dem Arzt ein Zeugnisverweigerungsrecht nur im Verhältnis zum Beschuldigten zusteht oder generell. Der Prüfer wollte hier, dass man argumentiert, da der „Beschuldigte“ nur in Nummer 2, nicht aber in Nummer 3 genannt war. Letztendlich wurde hier auch besprochen, ob der Eingriff in das postmortale Persönlichkeitsrecht des Patienten hier nicht gerechtfertigt ist durch das Recht des Beschuldigten auf ein faires Verfahren.
Danach ging es noch um eine mögliche Entbindung von der Schweigepflicht nach § 53 Absatz 2 StPO. Hier war gefragt, wer diese überhaupt erteilen könne, wenn der Patient verstorben sei (postmortales APR, die nächsten Angehörigen).
Im zweiten Fall ging es um ein Verfahren wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmittel. Der Angeklagte war in eine Polizeikontrolle geraten. Da es aus seinem Auto nach Cannabis roch, forderte der Polizist den späteren Angeklagten auf, das Fahrzeug zu verlassen, um die Durchsuchung zu ermöglichen. Als der Angeklagte sich weigerte, wurde ihm unmittelbarer Zwang angedroht und das Fahrzeug schließlich durchsucht. Dabei fand man 4 Kg Cannabis. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht weigert sich das Gericht, die Drogen in Augenschein zu nehmen und den Polizisten zu vernehmen. Der Angeklagte wird freigesprochen. Wir sollten uns überlegen, was man in dieser Situation als Staatsanwalt tun könne, also Revision einlegen, gestützt auf die Aufklärungsrüge. Nun wollte der Prüfer wissen, was die Voraussetzungen einer zulässigen Aufklärungsrüge seien und woraus sich das ergebe: § 344 Absatz 2, 352: Gesetzesverletzung die das Verfahren betrifft. Dann: Möglichkeit und Evidenz der Aufklärung in der Rüge darstellen (§ 244 Absatz 2). Danach kamen wir darauf, dass die Amtsaufklärungspflicht dann nicht verletzt sein könne, wenn vorliegend ein Beweisverwertungsverbot der Aufklärung entgegenstünde. Dann prüften wir kurz die Rechtmäßigkeit der Durchsuchung und die Verletzung von § 105 StPO und prüften dann ein ungeschriebenes Beweisverwertungsverbot. Hier wurde Wert auf eine stringente Prüfung bzw. stringente Argumentation gelegt. Der Prüfer sagte dann, wir sollten mal überlegen, ob es noch einen Ausweg gäbe, da die Polizei ja hier vielleicht zu verschiedenen Zwecken gehandelt habe. Das brachte uns zum Schluss der Prüfung noch auf § 161 Absatz 2 StPO.
Insgesamt wurde also Stoff geprüft, wo ich nur in den Grundzügen Bescheid wusste und meistens nicht das richtige Ergebnis kannte. Aber ich glaube, darum ging es auch gar nicht: Er wollte nur mal sehen, wie wir so denken und argumentieren können und hat uns dementsprechend auch gut geführt.
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