Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 | 2 | 3 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
7,8 | – | – |
Wahlfach |
14 | 14 | 14 |
Gesamtnote 1. Examen |
8,8 | – | – |
Gesamtnote 2. Examen |
8,13 | 7,87 | 7,78 |
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer fragte zunächst abstrakt, was es für Entscheidungsarten vor dem Verwaltungsgericht gäbe. Genannt wurde im Folgenden die Entscheidung durch Urteil nach den §§ 107 ff. VwGO. Er fragte, ob stets eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vonnöten sei. Eingegangen wurde dabei auf § 101 VwGO, insbesondere auf Abs. 2. Herr Neher wollte dabei wissen, wie de facto das Gericht ohne mündliche Verhandlung dann entscheiden würde. In diesem Zusammenhang wurde ferner nach der Besetzung der Verwaltungsgerichte gefragt. Eingegangen wurde sodann auf § 5 VwGO. Er wollte hören, dass Kammern gebildet werden (Abs. 2) und wollte wissen, wie diese besetzt werden, was sich aus Abs. 3 ergibt. Des Weiteren wurde nach § 6 VwGO gefragt. Er wollte wissen, wann der Rechtsstreit auf einen Einzelrichter übertragen werden kann. Fragte nach, wann eine Sache eine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1). Außerdem wollte er wissen, wann die ehrenamtlichen Richter bzw. bei welchen Entscheidungen diese nicht mitwirken. Das ergibt sich aus § 5 Abs. 3 S. 2 VwGO, wonach bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden diese nicht mitwirken. Letztlich kamen wir noch auf § 6 Abs. 4 VwGO zu sprechen bzw. dieser war auf entsprechende Nachfrage seinerseits zu nennen. Als weitere Entscheidungsart wurde sodann der Gerichtsbescheid nach Maßgabe von § 84 VwGO genannt. Besprochen wurde dabei, dass der Gerichtsbescheid keine besondere praktische Bedeutung hat, weil die mündliche Verhandlung beantragt werden kann, § 84 Abs. 3, 4 VwGO. Hier fragte der Prüfer nochmal nach, mit welcher Besetzung das Verwaltungsgericht bei einem Gerichtsbescheid entscheidet. Die Antwort folgt aus § 5 Abs. 3 S. 2 VwGO. Er wollte schließlich noch die Voraussetzungen wissen, wonach ein Gerichtsbescheid ergehen kann (84 Abs. 1 VwGO). Sodann kamen wir zu einem kurzen Fall, den der Prüfer schilderte: Die Stadt Heilbronn hat eine Friedhofsordnung erlassen, wonach jährlich von den Hinterbliebenen, die auf den Heilbronner Friedhöfen einen Angehörigen liegen haben, eine Zahlung an die Stadt zu leisten ist. Der A hat diese Zahlung für das Jahr 2021 geleistet; er bekam zuvor eine Anordnung seitens der Stadt Heilbronn zur Zahlung dieser Leistung. Der B hingegen ging gegen diese Anordnung der Stadt Heilbronn vor, legte Widerspruch ein, und obsiegte vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart. Der A traf den B daraufhin im Jahr 2022 auf dem Friedhof und sie kamen im Rahmen ihres Gesprächs auf diese Zahlung; der B erzählte dem A, dass er verwaltungsgerichtlich dagegen vorging und Recht bekam. Der A möchte nun auch gegen diese Anordnung von 2021 vorgehen, anders gewendet er möchte das gezahlte Geld zurück. Er erhebt Klage vor dem Verwaltungsgericht. Die Erfolgsaussichten der Klage waren zu prüfen. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet, weil es sich bei dieser Anordnung um einen Verwaltungsakt handelte. Im Rahmen der statthaften Klageart wurde dann länger diskutiert, ob eine Leistungsklage oder eine Verpflichtungsklage die richtige Klageart ist. Für eine Leistungsklage spricht, dass dieser gerichtet ist auf Rückzahlung des Geldes, mithin auf einen Realakt, also auf ein tatsächliches Handeln seitens der Behörde. Für eine Verpflichtungsklage spricht hingegen, dass die Kehrseite des Ausgangsverwaltungsakts, also des Zahlungsbescheids, ebenso ein Verwaltungsakt sein muss (Kehrseitentheorie); der Prüfer wurde dabei noch hören, dass es sich dann um einen actus contrarius handeln würde. Wir kamen sodann nicht mehr auf weitere Punkte im Rahmen der Zulässigkeit zu sprechen, sondern kamen zur Begründetheit. Der Prüfer n fragte sodann, nach der entsprechenden Rechtsgrundlage für die Rückzahlung des Geldes. Wir kamen auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch dabei zu sprechen. Er wollte zunächst wissen, worauf dieser sich ergibt. Er wollte dabei hören, aus Art. 20 Abs. 3 GG, dem Rechtsstaatsprinzip, Freiheitsgrundrechten und §§ 812 ff. BGB analog. Jedenfalls ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch allgemein anerkannt und gewohnheitsrechtlich verfestigt. Es handelt sich um Begründungsansätze, die sich gegenseitig ergänzen, in ihren Wirkungen verstärken. Daraufhin musste man die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nennen und subsumieren. Im Rahmen der Frage, ob die Zahlung ohne Rechtsgrund geleistet wurde oder nicht, war zu prüfen, ob die Friedhofsordnung rechtmäßig ist oder nicht. Er wollte lediglich dabei diesen, dass im Rahmen des Prüfungspunktes ohne Rechtsgrund diese Inzidenzprüfung vorzunehmen ist, nicht hingegen wurde näher auf die Friedhofsordnung eingegangen. In diesem Zusammenhang wollte er nur wissen, was für eine Rechtsnatur dieser haben könnte. Er wollte dabei hören, dass es sich dabei wohl um eine Satzung handeln würde. Es wurde noch genannt, dass, weil kein Verfahren nach § 47 VwGO von dem B geführt worden war, diese Satzungen nicht erga-omnes für unwirksam erklärt worden ist. Letztlich war der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch gegeben und der A hat somit einen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes. Die Prüfung bei insgesamt machbar, die Prüfungsatmosphäre war sehr angenehm bei ihm; die Benotung war fair und der Prüfer ist ein sehr netter Prüfer, vor dem man keine Angst haben muss. Viel Erfolg bei Eurer Prüfung – bald habt Ihr es geschafft!
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Baden-Württemberg im Oktober 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.