Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Orginal-Mitschrift aus dem Zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern vom April 2015. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
Vorpunkte | 8 | 7 | 6 | 4 | 5 |
Prüfungsgespräch | 12 | 7 | 8 | 8 | 7 |
Endnote | 9 | 7 | 7 | 6 | 6 |
Endnote (1. Examen) | 8 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Situation staatsanwaltschaftliche Abschlussverfügung: Strafklageverbrauch, prozessuale Tat, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion, Nötigung, falsche Verdächtigung
Paragraphen: §170 StPO, §264 StPO, §308 StGB, §240 StGB, §164 StGB
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer stellte drei Fälle gleich zu Beginn. Man müsste sich sehr beeilen mit dem Mitschreiben, aber er meinte auch, dass Nachfragen absolut möglich sei.
Grundfall: Flüchtiger A (es geht später ausschließlich um B!) hat mehrere private Kapitalanleger um Geld betrogen. Eine Gruppe der Anleger wendet sich an B und bezahlt diesem 3000€ dafür, dass B durch Sprengkörper die Freunde und Familie von A einschüchtert und Angst verbreitet, damit A sich stellt. B besorgt sich drei in Deutschland nicht zugelassene Feuerwerkskörper aus Tschechien mit je 100g Schwarzpulver.
Fall 1: B wirft einen Feuerwerkskörper in den Garten von As Freund P, ein 15cm Loch entsteht vor dessen Hauswand, die auch etwas abkriegt (kleine Löcher, Ruß).
Fall 2: B wird in anschließender Polizeikontrolle mit den zwei anderen Feuerwerkskörpern erwischt, vom AG aber rechtskräftig vom Vergehen des Sprengstoffbesitzes (Sprengstoffgesetz) freigesprochen, da er bewusst wahrheitswidrig seinen Sohn belastet, gegen den dann Ermittlungen aufgenommen werden.
Fall 3: B kauft sich abermals in Tschechien einen solchen Sprengsatz und wirft diesen 3 Monate später auf den Garagenvorplatz von As Bruder unter dessen Auto, welches ebenso wie Garagentor und Zaun erheblichen Schaden erleidet.
Zunächst also erst dieser recht umfangreiche Sachverhalt (Schadenshöhen etc. habe ich sogar weggelassen). Tatsächlich haben wir aber nicht mit vielen Informationen daraus gearbeitet. Es ging dem Prüfer wohl auch darum, wichtige Informationen herauszufiltern, wie man es im Referendariat auch aus Akten lernt.
Grundvorgabe: Sie sind Staatsanwalt (wohl da wir Berufsfeld Justiz waren). Außerdem nicht auf Sachbeschädigung und nicht auf das Sprengstoffgesetz eingehen.
Letztendlich besprochen wurde dann folgendes:
-170 II StPO kurz, inkl. Definition hinreichender Tatverdacht. Kurze Nennung der anderen Verdachtsgrade
-Strafklageverbrauch bzgl. Fall 1, wegen des Freispruchs in Fall 2. also bzgl. des Besitzes des Sprengstoffs. Aber wir waren uns einig, dass das Herbeiführen einer Explosion weiter geht, als der reine Besitz. Definition der prozessualen Tat, inkl. Normen nennen: 264, 155 StPO.
-Die Voraussetzungen 308 StGB, wobei der Prüfer schon Hilfestellung gab, also nur sehen wollte, wie man mit eher unbekannten Normen umgeht und ob man den allgemeinen Prüfungsaufbau objektiver Tatbestand – subjektiver Tatbestand – Rechtswidrigkeit – Schuld drauf hatte. Außerdem Eingehen auf Fahrlässigkeit und Vorsatz im Allgemeinen; Abgrenzung bewusste Fahrlässigkeit („es wird schon gut gehen“) vom dolus eventualis.
– 240 StGB, wobei die Unterscheidung zwischen Nötigung gegenüber As Bruder und A, also zwei Nötigungen erfolgen sollte. Außerdem, dass es sich dann um Tateinheit 52 StGB handeln würde. Wobei uU Versuch 22ff. StGB vorliegt, wenn kein Erfolg eintritt (da wir nicht wissen, ob A sich stellt bzw. B es dem A berichtet, damit dieser sich stellt)
-164 StGB Falsche Verdächtigung wegen Fall 2. Genaue Untersuchung der Tb-Merkmale, vor allem in Hinblick auf nemo tenetur se ipsum accusare: darf man im Strafverfahren lügen? Jemand anderen verdächtigen? Nein, wegen 164 StGB, vor allem auch wegen Vergleich mit 258 IV StGB, ein vergleichbarer Absatz fehlt im 164 StGB. Wo ist der Grundsatz nemo tenetur geregelt? Mittelbar aus 136 StPO entnehmen. Außerdem GG. Eine Handhabe gegen das Lügen gibt es nicht, außer eben unter den Voraussetzungen des 164 StGB, wenn man einen anderen dadurch verdächtigt.
Fazit:
Ich hatte mit einem sich hinziehenden langen Tag gerechnet, der sehr unangenehm werden würde, das stellt sich dann aber anders dar. Es war eine recht entspannte Atmosphäre. Es wurde in der Reihenfolge Zivilrecht, Berufsfeld 1, Pause, Strafrecht, Öffentliches Recht geprüft. Die Berufsfeldnote zählt doppelt, was mir bis dahin neu war, es lohnt sich also, dafür noch etwas zu tun. Ansonsten lohnt sich richtiges „Wissen Fressen“ meiner Meinung nach vor der mündlichen Prüfung nicht mehr. Ihr braucht euch auch keine Sorgen machen, dass keine Kommentare benutzt werden dürfen. Man sollte sich lediglich nochmal eine Übersicht über das jeweilige Gesetz verschaffen, um dann alles schnell zu finden und sich die wichtigsten Aufbauschemata und Definitionen nochmal vor Augen führen. Außerdem lohnt es sich die Medien zu verfolgen und insbesondere aktuelle rechtliche Entwicklungen parat zu haben. Selbstverständlich auch die Prüfer googeln, um etwa deren aktuelle Veröffentlichungen oder Vorträge herauszufinden, die Wahrscheinlichkeit, dass die Prüfer dann etwas darüber Fragen ist sehr hoch.
Viel Erfolg!!
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