Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
7,02 |
Gesamtnote 1. Examen |
8,21 |
Gesamtnote 2. Examen |
8,74 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Besetzung Strafkammern, Einstellung, Strafbefehl, Brandstiftung
Paragraphen: §76 GVG, §153 StPO, §306 StGB, §306a StGB, §260 StPO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken, Fragestellung klar
Prüfungsgespräch:
Die Prüfung bei diesem Prüfer begann mit einer detaillierten Untersuchung der Zuständigkeiten der Großen Strafkammer und der möglichen Besetzung. Dabei wurde insbesondere auf besondere Besetzungen wie die erweiterte Besetzung der kleinen Strafkammer in Fällen der Berufung gegen Entscheidungen des erweiterten Schöffengerichts (§ 76 Abs. 6 GVG) eingegangen sowie auf die Mitteilung der Besetzung der großen Strafkammer (§ 76 Abs. 2 GVG). Im Anschluss führte Der Prüfer uns in einen Fall ein, der mündlich präsentiert wurde. Der Fall handelte von der mutmaßlichen Beleidigung eines Arbeitskollegen durch den A. Die erste Frage war, was ein Staatsanwalt nach dem Eingang einer Akte tun würde. Antwort: Prüfen, ob Strafantrag gestellt wurde. Danach wurden alternative Verfahrensbeendigungen neben der Anklage diskutiert. Ein Kollege begann mit den üblichen Gründen für eine Einstellung nach § 153f StPO, aber es wurde schnell klar, dass ein Strafbefehl in diesem Fall die wahrscheinlichste Option war. Die Voraussetzungen für einen Strafbefehl und die verschiedenen Möglichkeiten der Bestrafung wurden erläutert. Plötzlich änderte sich der Fall erneut: Wir sollten als Verteidiger feststellen, dass der Strafantrag in der Akte fehlte. Wir wurden gebeten, einige praktische Überlegungen anzustellen, wie zum Beispiel die Erwähnung des Fehlens des Antrags in der Einspruchsbegründung. Es wurde auch vorgeschlagen, den zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft anzurufen und nachzufragen, ob der Strafbefehl nicht zurückgenommen werden sollte, um eine mögliche gegenteilige Entscheidung zu vermeiden. Der Prüfer war interessiert und fragte, ob dies überhaupt möglich sei.
Nachdem die Möglichkeit einer Rücknahme im Zwischenverfahren erörtert wurde, wurde schließlich § 411 Abs. 3 Satz 1 StPO in Betracht gezogen. In der Rolle des Richters wollten wir vom Prüfer hören, dass anstelle einer mündlichen Verhandlung auch ein Prozessurteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO erlassen werden könnte, da ein Verfahrenshindernis vorliegt. Erst zu diesem Zeitpunkt führte der Prüfer die Prüfung anhand eines ausgedruckten Falls durch, den er vorbereitet hatte. Dieser Fall handelte von der Mutter des T, die in einer Einliegerwohnung in einem zweistöckigen Wohnhaus lebt. Als M zu einer geplanten Operation ins Krankenhaus geht, entscheidet sich T dazu, das Wohnhaus anzuzünden. Sein Plan war es, dass die völlig unbeteiligte M nach ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus Geld von der Brandschutzversicherung erhalten würde, von dem er sich ein Haus kaufen und seine Mutter ins Pflegeheim stecken könnte. Wir prüfenten Brandstiftungs- und Betrugsdelikte. Es wurden die Unterschiede zwischen § 306a Abs. 1 Nr. 1 und 3 StGB ausgiebig besprochen. Der Prüfer wollte hier vor allem das Wortlautargument bzgl. „zu einer Zeit, in der Menschen sich dort aufzuhalten pflegen“ hören. Angesprochen wurde auch die „teleologische Reduktion“ des § 306a Abs. 1 StGB, wenn der Täter sicherstellt, dass sich keine Person in den Räumlichkeiten. befindet. Dann ging es um § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB. Auch hier sollte ausdrücklich der Begriff „überschießende Innentendenz“ fallen. Hier sollte nun das klassische Problem des Versicherungsmissbrauchs gem. § 265 StGB als „andere Tat“ erörtert werden. Im Anschluss wurde noch ein Betrug angeprüft, wobei wir hier das Problem der mangelnden eigenhändigen Täuschung erkannten und insoweit mit der Prüfung einer mittelbaren Täterschaft begonnen, aber aufgrund des Zeitablaufs nicht beendet wurde.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin vom Juni 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.