Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Berlin vom Mai 2022

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1 2 3 4

Note staatl. Teil 1. Examen

1 1 1 1
Gesamtnote 1. Examen 1 1 1 1
Gesamtnote 2. Examen 8 4 8 6

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Identitätsfeststellung

Paragraphen: §80 VwGO

Prüfungsgespräch:  Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Im Vertiefungsgespräch erwies sich der Prüfer als protokollfest. Er frage danach, was es im einstweiligen Rechtsschutz für Rechtsmittel gebe (Beschwerde) und welche Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Urteile in Betracht kämen (Berufung und Revision). Dazu wollte er auch die jeweiligen Einlegungs- und Begründungsfristen sowie die Entscheidungsarten hören. Zum Schluss wollte er wissen, was man neben der Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz als Anwalt noch für Möglichkeiten hätte. Hier sollte ein Antrag nach § 80 VI VwGO genannt werden. Wir wählten als erstes Prüfungsgespräch das Öffentliche Recht bei diesem Prüfer, da wir zum einen gedanklich noch in diesem Rechtsgebiet waren und uns zum anderen einen positiven Einstieg in die Prüfung erhofften (wir kannten ja seine Standardfälle). Wir wurden wegen Corona in 2er-Gruppen geprüft, sodass die Prüfung insgesamt nur 20 Minuten dauerte. Ich war in der ersten Gruppe. Zu unserer Enttäuschung kam bei uns ein neuer Fall. Allein das Vortragen des Sachverhaltes dauerte rund 5 Minuten. Der Prüfer gab ungefähr folgenden Fall vor: Der X fährt mit seinem E-Roller durch den G-Park. Etwa in der Mitte des Parks entdeckt X einen Bekannten, hält kurz an und unterhält sich. Dann fährt er weiter. Kurz darauf wird X von zwei Polizeibeamten, die Streife laufen angehalten und aufgefordert, seine Papiere vorzuzeigen. Dabei stellt sich heraus, dass X eine gültige Aufenthaltserlaubnis besitzt und aus Gambia stammt. Im G-Park sind in der Vergangenheit viele Straftaten begangen worden, sodass der Park als Ort mit erheblichem Kriminalitätspotenzial von den zuständigen Behörden eingestuft worden war. 75% der in letzter Zeit dort begangenen Straftaten sind durch Menschen westafrikanischer Herkunft (u.a. aus Gambia) begannen worden. Der X kommt nun – 3 Monate später – in unsere Kanzlei und fragt, ob er sich gegen die Maßnahme wehren könne. Die entsprechende Ermächtigungsgrundlage der Identitätsfeststellung gab der Prüfer uns vor. Mein Mitprüfling begann mit der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs. Die Prüfung erfolgte extrem kleinteilig und detailliert, was vom Prüfer scheinbar so gewünscht war, aber sehr viel Zeit in Anspruch nahm. Für den nächsten Prüfungspunkt sollte ich die statthafte Klageart bestimmen. Hier hing der Prüfer sich an einigen Punkten auf und die Prüfung wurde aus meiner Sicht sehr wirr, sodass ich nicht mehr wirklich folgen konnte und er mich damit ziemlich aus dem Konzept brachte. Ich sagte bspw., dass es sich um eine Standardmaßnahme handle und manchen Standardmaßnahmen auch ein Vollstreckungselement innewohne, inzwischen aber wohl unstreitig von dem Vorliegen eines Verwaltungsaktes auszugehen sei. Er wollte dann wissen, ob bei der Identitätsfeststellung auch ein solches Vollstreckungselement enthalten sei, was ich verneinte und ergänzte, dass dies nur eine generelle und einleitende Ausführung gewesen sei. Dennoch ritt er darauf herum und wollte nun genau erklärt haben, warum hier nur ein VA vorliege, worin der bestehe und woraus man dies aus der EGL lesen könne. Im Ergebnis lag eine Fortsetzungsfeststellungsklage vor, aber es waren nun schon 15 Minuten vorbei. Der Prüfer wollte dann plötzlich den Obersatz der ortsetzungsfeststellungsklage hören und wissen, woher man diesen nehme. Ich war wieder so irritiert, dass wir nun plötzlich in die Begründetheit sprangen, ohne weitere Zulässigkeitspunkte wie das Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu erwähnen, dass ich ins Schleudern geriet und der Prüfer die Frage weitergab. Ich wurde dann wieder gefragt, woraus sich hier ein „Recht, auf das der X sich berufen könne“ ergebe. Mir fiel nur Art. 3 GG ein, hierauf wollte der Prüfer offenbar auch hinaus. Er fragte dann sehr detailliert, was Art. 3 sei, wie der Artikel aufgebaut sei und wie man eine Verletzung prüfe. Auch hier war seine Fragestellung sehr ungenau und mir war überhaupt nicht klar, worauf er hinauswill. Auch der Prüfer schien sehr unzufrieden mit dem Verlauf der Prüfung und die Zeit war schon um, worauf unser Vorsitzender hinwies. Dies kommentierte der Prüfer mit „da ich mir jetzt schon einen Rüffel vom Vorsitzenden eingefangen habe, müssen wir wohl zum Ende kommen“ und bat meinen Mitprüfling nur noch darum zu sagen, ob nun ein Ermessenverletzung gegeben sei oder nicht. Er wollte nur noch „Ja“ hören. Juristische Argumentation o.ä. wurden nicht erwartet Irgendwann in dem Verlauf der Prüfung wollte er auch noch wissen, wo man im Gesetz etwas zum Ermessen finden könne, aber ich weiß nicht mehr an welcher Stelle (jedenfalls war es nicht am Ende). Lernt unbedingt zu allem Normbezug, das scheint ihm sehr wichtig zu sein

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im Mai 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.