Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Berlin vom November 2024

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

8,6

Endnote

8,12

Endnote 1. Examen

7,89

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Abschleppfall, Verwaltungsvollstreckung, Fortsetzungsfeststellungsklage

 Paragraphen: §6 VwVG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schloss sich an unser Prüfungsgespräch im Zivilrecht an. Er hatte demnach keinen Fall vorbereitet, sondern dachte sich spontan einen Fall aus. Im Zivilrecht behandelten wir bereits einen Abschleppfall im Zusammenhang mit GoA. Er schilderte den Fall dann wie folgt: Die Fahrzeughalterin gibt ihrer Schwester ihr Fahrzeug und diese stellt es in einem absoluten Halteverbot, welches durch ein Halteverbotsschild ausgewiesen ist, bei einem Bahnübergang, ab. Ein Polizist sieht das abgestellte Fahrzeug und lässt es abschleppen. Bei dem Abschleppvorgang entsteht ein Schaden. Die Fahrzeughalterin erhebt Klage. Wir sollten zunächst die Zulässigkeit der Klage prüfen. Hier ging es dann vor allen um die Statthaftigkeit der Klage – Abgrenzung Anfechtungsklage, Fortsetzungsfeststellungsklage. Wir kamen auf die Abgrenzung von Erledigung nach Klageerhebung (direkte Anwendung von § 113 I 4 VwGO) und Erledigung vor Klage (analoge Anwendung von § 113 I 4 VwGO analog) zu sprechen. Hier lag dann eine Erledigung vor Klageerhebung vor, weil die Umsetzung des Fahrzeugs bereits geschehen war. Dann gingen wir auf das Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Hier wollte der Prüfer die Fallgruppen, bei denen ein solches bejaht wird, genannt haben (Konkrete Wiederholungsgefahr, Rehabilitionsinteresse, Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses und tiefgreifender Grundrechtseingriff). Wir bejahten dann die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses nach Art. 34 GG, § 839 BGB. Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen behalten wir nur kurz. Im Rahmen der Begründetheit sollten wir dann die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns prüfen. Es ging um die Abgrenzung des Verwaltungsaktes vom Realakt. Der Prüfer wollte dann hier die einzelnen Merkmale des Verwaltungsaktes nach § 35 VwVfG wissen. Wir sprachen über die Ermächtigungsgrundlage für das Abschleppen des Fahrzeugs. Hier sprachen wir kurz darüber, dass in Berlin im ASOG mit § 37a ASOG eine spezielle Regelung für die Umsetzung von Fahrzeugen gibt, die hier jedoch nicht einschlägig war. Die Brandenburger wurden gefragt, ob es eine ähnliche Regelung in ihrem Landesgesetz gibt (Nein). Dann sprachen wir darüber, dass der Polizist hier Bundesbeamter gewesen ist und somit grundsätzlich das BPolG anwendbar ist. Der Prüfer wollte wissen, woraus sich die Zuständigkeit hier ergibt. Da das Geschehen hier an einem Bahnübergang spielte, wollte er auf § 3 BPolG hinaus. Wir suchten dann im BPolG nach einer passenden Ermächtigungsgrundlage. Hier grenzten wir Standardmaßnahmen von der Generalklausel (§ 14 BPolG) ab. Wir sprachen dann über das Verfahren in der Verwaltungsvollstreckung. Wir redeten über § 6 I VwVG (gestrecktes Verfahren) und § 6 II VwVG (sofortiger Vollzug) und die jeweiligen Voraussetzungen und grenzten Letzteres von der unmittelbaren Ausführung nach § 15 ASOG ab. Diesbezüglich sagten wir, dass es ähnlich wie im Zivilrecht auf den mutmaßlichen Willen ankäme. Da der Fahrzeughalter sich verkehrsgetreu verhalten möchte, sei § 15 ASOG einschlägig. Wir prüften § 15 ASOG durch, sowie § 6 I VwVG parallel, weil das Verkehrsschild grundsätzlich eine Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG darstellt und der Prüfer wollte wissen, was die Besonderheiten bezüglich des Verkehrszeichens sind, also wie es bekanntgegeben wird (einfache Umschau im ruhenden Verkehr und flüchtiger Blick im laufenden Verkehr) und wir stellten fest, dass nach § 80 II Nr. 2 VwGO analog Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben. Der Prüfer brach hier die Prüfung irgendwann ab, weil die Zeit vorangeschritten war. Er schilderte noch einen kurzen Fall. Ein französischer Staatsbürger an der deutschen Grenze durfte während des Lockdowns in der Coronazeit nicht über die deutsche Grenze und klagt. Er wollte im Rahmen der FFK auf den tiefgreifenden Grundrechtseingriff wegen der Freizügigkeit nach Art. 21 AEUV hinaus. Vielmehr prüften wir hier nicht.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin im November 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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