Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
5,7 |
Endnote |
6,6 |
Endnote 1. Examen |
4,8 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: protokollfest
Prüfungsthemen: Diebstahl, Diebstahlsqualifikation, Regelbeispiele, Versuch
Paragraphen: §242 StGB, §303 StGB, §244 StGB, §243, §315b StGB
Prüfungsgespräch: hält Reihenfolge ein, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer schilderte folgenden Fall: A begeht hier und da kleinere Delikte, um so seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Eines Abends beschließt er, sich ein Kfz zu beschaffen, tauscht das Kennzeichen und rast damit durch eine Fußgängerzone. Anschließend fährt er mit Vollgas auf das Schaufenster eines Juweliers zu. Das Schaufenster besteht jedoch aus Panzerglas und erleidet durch den Aufprall lediglich einen großen, „spinnennetzartigen“ Sprung. Danach fährt er wieder davon. Er fragte sodann welche Delikte hier verwirklicht worden sein könnten. Genannt wurden zunächst folgende Paragrafen: §§ 303, 242, 243, 244, 22, 23 I und §§ 315b ff. StGB. Wir begannen mit § 303 I StGB. Der Prüfer wollte die genauen Voraussetzungen dieses Paragraphen herausgearbeitet haben und bat um saubere Definitionen. Ein Kollege verwies darauf, dass es sich hier um ein Antragsdelikt handelt (§ 303c StGB), woraufhin der Prüfer nach der Unterscheidung zwischen absoluten und relativen Antragsdelikten fragte und Beispiele für beide Fälle hören wollte. Dann kamen wir zurück zum Fall und prüften den Diebstahl im Versuch (§§ 242, 22, 23 I StGB). Zunächst wurde geprüft, ob die Tat noch unvollendet ist (was zu bejahen war, da er nicht durch die Scheibe kam) und ob der Versuch strafbar ist. Der Tatentschluss in Bezug auf § 242 I StGB wurde sauber durchgeprüft und relativ schnell bejaht. Der Prüfer wollte auch eine genaue Definition zur Zueignungsabsicht hören und fragte, worauf man den Vorsatz schließen könne, wenn der Täter keine Aussage dazu trifft (regelmäßig aus den objektiven Tatumständen). Dann prüften wir den Tatentschluss bezüglich § 244 StGB und diskutierten, ob A ein gefährliches Werkzeug bei sich geführt hat. Der Prüfer wollte an dieser Stelle herausgearbeitet haben, dass es hier nicht dieselbe Definition wie bei § 224 StGB gibt, da die Art der konkreten Verwendung beim bloßen „Bei-sich-Führen“ keine Rolle spiele. Wir gingen darauf ein, dass einige Stimmen einen Verwendungswillen fordern, dies jedoch im Rahmen eines Verfahrens nur schwer nachweisbar sein dürfte. Die hM geht daher davon aus, dass sich der Gegenstand in Griffweite befinden muss oder der Täter sich dessen jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann. Im Ergebnis lag § 244 StGB hier jedoch wohl nicht vor. Der Prüfer wollte § 243 StGB noch nicht geprüft haben, da es sich bei den Regelbeispielen streng genommen um Strafzumessungsvorschriften handelt, die erst später zu prüfen sind. Wir machten daher zunächst mit dem „unmittelbaren Ansetzen“ (der Phase, in der der Versuch beginnt) weiter, was unproblematisch anzunehmen war. Dann prüften wir die Regelbeispiele, insbesondere § 243 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StGB. Der Prüfer wollte die Definition des „Einbrechens“ hören, die zunächst niemand von uns auf Anhieb wusste, was ihn etwas ärgerte. (Die Definition des „Einbrechens“ lautete: Einbrechen ist das gewaltsame Öffnen eines von außen verschlossenem Behälter, etwa einer Tür oder eines Fensters.) Wir nahmen auch die Gewerbsmäßigkeit an. Herr Heck wollte zudem wissen, ob der Versuch der Regelbeispiele strafbar ist und ob man diese Delikte überhaupt versuchen kann (was mit „ja“ zu beantworten war, auch wenn dies keine Deliktsqualität im engeren Sinne hat). Dann wurde die Möglichkeit eines Rücktritts (§ 24 StGB) angesprochen, was hier offensichtlich wegen des Vorliegens eines Fehlschlags nicht in Betracht kam. Damit war die Prüfung schon vorbei. Insgesamt war es eine recht flüssige und angenehme Prüfung. Keine Angst – bald habt ihr es schon geschafft!
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Berlin vom November 2024 Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.