Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Brandenburg vom August 2020

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Brandenburg im August 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

t

Kandidat 1
Vorpunkte 6,85
Aktenvortrag 9
Prüfungsgespräch 9
Endnote 8,11
Endnote (1. Examen) 9,01

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Klageänderung sui generis, isolierte Anfechtungsklage

Paragraphen: §79 VwGO, §113 VwGO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer stellte den aus den Protokollen bereits bekannten Fall zur Baumfällgenehmigung. Er hatte den Sachverhalt auf einem Blatt ausgedruckt, las ihn vor, was bereits viel Zeit verbrauchte. Der Fall war leicht abgewandelt – so leidete der Kläger nicht an einer Haselnuss- sondern Birkenallergie. Das ist insoweit relevant, als dass die materielle Prüfung durchaus anders verlaufen kann, als es die Protokolle hergeben. Unsere Prüfungsgruppe kam nicht mehr zur Begründetheitsprüfung, unsere Parallelgruppe hingegen schon. Dort wurde die Drittwiderspruchsbefugnis als gegeben subsumiert, da laut Sachverhalt der Nachbar in den Schutzbereich der Baumfällverordnung fiel. In vorherigen Protokollen wurde diese immer abgelehnt, da die Verordnung keine drittschützende Norm beinhaltete.
Die Prüfung verlief wirr. Wir begannen mit der Zulässigkeit. Es wurde zunächst die statthafte Klageart herausgearbeitet. Der Prüfer beschrieb die Situation – ein Verwaltungsakt, der einen belastet, den anderen begünstigt. Er fragte abstrakt, wo sich diese Konstellation im Gesetz findet. Mein Mitprüfling wusste keine Antwort. Der Prüfer starrte mich an. Ich fragte, ob ich nun dran sei, weil ich den Blick nicht deuten konnte. Er bejahte schroff. Ich stellte auf § 80a VwGO ab, was beim Prüfer blankes Entsetzen auslöste. Er fragte, um welche Verfahrensart es sich beim § 80a VwGO handelt. Ich antwortete, dass ich selbstverständlich wisse, dass es sich um eine Norm aus dem Eilrechtsschutz handele, und ich mir darüber bewusst sei, dass es wir im normalen Klageverfahren sind. Ich versuchte darzulegen, dass ich diese Antwort gab, weil ich ihn so verstanden hatte, dass er nach der Dreieckskonstellation fragte, bei der ein VA einen begünstigt und einen anderen belastet. Weder überzeugte ihn das, noch gab er zu erkennen, dass die Antwort auf die allgemeine Frage nicht völlig abwegig ist. Was er vielmehr hören wollte, war § 79 I Nr. 2 VwGO. Er fragte nach dem Fachbegriff dafür, auf den wir nicht kamen. Er wollte isolierte Anfechtungsklage hören.
Dann wurde auf die Erledigung nach Klageerhebung eingegangen. Was passiert prozessual? Hier wurde die Prüfung wieder wirr. Er wollte vermutlich hören, dass eine FFK denkbar ist, hier aber eine Feststellungsklage dahingehend einschlägig ist, dass die Feststellung begehrt wird, dass sich die Hauptsache erledigt hat. Das Schlagwort „Klageänderung sui generis“ wollte er m.E. nicht hören. Er machte es vielmehr an § 91 VwGO fest, was ich in der Ausbildungsliteratur nicht so finden kann. Er wollte dann noch wissen, was noch möglich wäre. Er wollte scheinbar auf die Klagerücknahme hinaus. Als aber der Mitprüfling sich dazu äußern wollte, fiel ihm dem Prüfer bereits ins Wort und lehnte dies selbst mit der Kostenfolge des § 155 II VwGO ab. Auch das war uns Prüflingen klar – wir versuchten es schulbuchmäßig darzustellen, aber der Prüfer würgte dies durch die eigene Beantwortung ab.
Es sollte weiter geprüft werden. Es lief stockend, da wir nicht wussten, wie detailliert wir nun prüfen sollten und durften angesichts der schroffen Interventionen zuvor. Der Prüfer versuchte das Gespräch anzukurbeln und begann plötzlich von der Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges zu sprechen, und das dies hier unproblematisch sei. Auch das war uns Prüflingen bewusst, verwirrte zudem aber noch, wenn man die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges nicht als Zulässigkeitspunkt versteht.
Wir kamen nun auf die Frage zu sprechen, welches besondere Interesse vorliegen müsse. Dass das besondere Feststellungsinteresse bereits daraus resultiert, dass der Kläger die Kostenlast vermeiden möchte, überzeugte der Prüfer nicht. Er wollte scheinbar auf das Interesse des Beklagten hinaus, nämlich Präjudiz- und Wiederholungsgefahr, wie sie im Sachverhalt ziemlich offenkundig angelegt war. Es ging holprig zu. Der Prüfer wollte dann unvermittelt auf § 113 I 4 VwGO hinaus. Was genau er aber wollte, war zunächst unklar. Aus den Protokollen war bekannt, dass er hier die analoge Anwendbarkeit der Norm hergeleitet haben möchte, da auf das Interesse des Beklagten abzustellen sei, während die Norm nur den Kläger erwähnt. Warum dies an dieser Stelle zu prüfen ist, blieb mir unklar, da das besondere Interesse des Beklagten aus meiner Sicht erst an der Stelle zu diskutieren ist, wenn es um den Prüfungsumfang geht, nämlich ob die Begründetheit der Ursprungsklage zu prüfen ist. Als die analoge Anwendung erwähnt wurde, wurde der Prüfer schroff und sagte, dass eine Analogie natürlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei. Auch das war uns klar, wir wollten es sinnvoll aufbauen, vermutlich aber ging ihm das zu langsam oder er konnte nicht erkennen, dass wir die Voraussetzungen der Analogie darstellen wollten. Nach dem Hinweis wurde dann die analoge Anwendung bejaht, da die Voraussetzungen vorliegen.
Da die Zeit dann um war, ließ der Prüfer uns schließlich nur noch den Obersatz bzw., was denn Prüfungsgegenstand sei, beantworten. Welche Antwort ihn hier hätte zufrieden gestellt bleibt unklar.
Wir waren nach der Prüfung sehr enttäuscht und fühlten uns ziemlich schroff behandelt. Ein Wohlwollen ist jedenfalls nicht zu erkennen.