Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Orginal-Mitschrift aus dem Zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg vom November 2015. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 | 3 | 4 |
Vorpunkte | 8,75 | 5,5 | 7,875 | 4,75 |
Aktenvortrag | 15 | 9 | 9 | 6 |
Prüfungsgespräch | 13,5 | 10,5 | 10,25 | 7,25 |
Endnote | 10,29 | 6,88 | 8,48 | 5,29 |
Endnote (1. Examen) | 9,74 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Tankkarten-Fall und Wettbetrug
Paragraphen: §263 StGB
Prüfungsgespräch: Diskussion, verfolgt Zwischenthemen
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer prüfte zwei Fälle, zum einen den Tankkartenfall und zum anderen einen kurzen Fall zum (Sport-)Wettbetrug. Prozessrecht wurde nicht geprüft.
Fall 1:
Der Prüfer schilderte folgenden Fall, der eine kleine Abwandlung des Tankkartenfalles darstellte:
Dem Auslieferungsfahrer A wurde ursprünglich eine Tankkarte mit dazugehöriger PIN für die Tankstelle des B von seinem Arbeitgeber überlassen. Am Ende eines jeden Monats rechnete der B direkt mit dem Arbeitgeber ab, der die Rechnung beglich. Diese erste Karte hatte A bereits wieder abgegeben. Als dem A gekündigt wurde, forderte sein Arbeitgeber ihn auf, alle Gegenstände – ggf. auch eine Tankkarte – abzugeben. A, der zwischenzeitlich eine zweite Tankkarte besaß, von der aber nicht geklärt werden konnte, ob er sie unrechtmäßig oder rechtmäßig erhalten hatte, behielt die zweite Tankkarte und betankte in der Folgezeit damit seinen privaten Pkw rund 50 mal für insgesamt 5.300 Euro. Frage: Strafbarkeit des A?
Die Prüfung verlief etwas wirr, was jedoch an der offenen Frage und daran lag, dass die Kandidaten zunächst ‚das erste Delikt, das ihnen in den Sinn kommt‘ prüfen sollten. Letztlich ging es auch hier um die üblichen Delikte, die im typischen Tankkartenfall zu prüfen sind. Hinsichtlich des Benzins waren 242 und 246 StGB anzusprechen, im Ergebnis aber mangels Wegnahme bzw. mangels fremder beweglicher Sache abzulehnen, da auf Grund der ordnungsgemäßen Bedienung eine Übereignung an A stattgefunden hatte.
Auch eine Strafbarkeit des A hinsichtlich der zweiten Tankkarte an sich war wegen des in dubio pro reo Grundsatzes abzulehnen. Eine Strafbarkeit wegen 266 StGB wurde mangels Vermögensbetreuungspflicht verneint. 266b StGB war auf Grund des vorliegenden Zwei-Partner Systems schon gar nicht anwendbar.
Schließlich ging es um die Frage des Vorliegens eines Betruges nach 263 StBG, die jedoch ebenfalls zu verneinen war, da der B keinem Irrtum unterlag, weil er sich auf Grund der Abrechnungsmodalitäten keine Gedanken machte (B bekam sein Geld ohnehin vom Arbeitgeber des A). Der Auffangtatbestand des 263a StGB greift im Ergebnis ebenfalls nicht ein. Das maßgebliche Tatbestandsmerkmal der ‚unbefugten‘ Datennutzung wurde ausführlich diskutiert, wobei es dem Prüfer offensichtlich auf die Begrifflichkeiten der betrugsspezifischen, computerspezifischen sowie der subjektivierten Auslegung des Merkmals ankam. Schließlich gab er vor, dass der BGH für die Unbefugtheit eine fehlende vollständige Berechtigung fordere, die wir nach einigem hin und her verneinten, sodass A auch nicht den 263a StGB verwirklichte und letztlich straffrei ausging.
Fall 2:
Der Prüfer schilderte im Anschluss folgenden Fall, der im Bereich des Sportwettbetruges spielte: A will wetten. Er hört, dass ein Fußballspiel manipuliert werden soll, ist sich jedoch nicht sicher, ob diese Information stimmt. Dennoch entschließt er sich eine entsprechende Wette abzuschließen. Tatsächlich fand jedoch keine Manipulation des Spiels statt. Frage: Strafbarkeit des A?
Ein vollendeter Betrug scheidet hier bereits mangels tatsächlichen Vorliegens eine Manipulation aus, sodass es allein auf die Frage des versuchten Betruges ankam. Hier war zunächst knapp der Aufbau der Versuchsprüfung darzustellen und sodann auf den Fall anzuwenden. Im Rahmen des Tatentschlusses waren hinsichtlich der Täuschung zwei Problemkreise anzusprechen. Zum einen ging es um die Frage, worin hier überhaupt eine Täuschung zu sehen sein könnte. Zunächst sollten die Kandidaten die drei Möglichkeiten der Täuschung erläutern (ausdrücklich, konkludent, durch Unterlassen). Bei der Lösung kam es im Übrigen darauf an, dass es sich bei einer Sportwette um ein Glücksspiel handelt. Mit der Abgabe der Wette täuschte A also konkludent darüber, dass er keinen Wissensvorsprung gegenüber den anderen Wettenden sowie dem Wettbetreiber hat. Zum anderen ging es darum, ob es für das Vorliegen einer Täuschung erforderlich ist, dass der Täter positiv die Unwahrheit seiner Behauptung kennt oder ob es ausreichend ist, dass er die Unwahrheit lediglich für möglich hält. Zum Problem des Vorliegens eines Vermögensschadens kamen wir nicht mehr.
Viel Glück!
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