Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hamburg vom Januar 2020

Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg im Januar 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 7,2
Aktenvortrag 14
Prüfungsgespräch 12,75
Endnote 9,0
Endnote (1. Examen) 11,7

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Untersuchungshaft, Tötungsdelikte (ins. Tötung „aus Mitleid“)

Paragraphen:  §112 StPO, §211 StGB, §216 StGB, §13 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, ein lässt Meldungen zu

Prüfungsgespräch:

Zu Beginn der Prüfung schilderte der Prüfer einen Fall, dem offenbar BGH 19.05.2019 – 5 StR 128/19 zugrunde lag. Ein älterer Mann hatte Spielschulden, war deshalb im Mietrückstand und hatte seine Arbeit als Taxifahrer verloren. Er tötete dann seine schlafende Ehefrau, indem er ihm mit einem Hammer wuchtige Schläge versetzte. Er wollte ihr dadurch ein Leben im finanziellen Ruin ersparen. Er befürchtete nämlich, dass sich der gesundheitliche Zustand seiner ohnehin schwer kranken Ehefrau nur weiter verschlimmern würde. Sein anschließender Selbsttötungsversuch scheiterte.
Als Erstes fragte der Prüfer sogleich, wie ein Staatsanwalt vorgehen würde, wenn er die Akte auf dem Tisch hätte und was er prüfen müsse. Ihm kam es auf die Definition des hinreichenden Tatverdachts an und wollte dann wissen welche weiteren Verdachtsstufen es noch gibt, wie diese definiert werden und wann diese erforderlich seien.
Dann haben wir mit der Prüfung des § 211 StGB begonnen. Dabei wollte er zunächst wissen, warum dieser Straftatbestand im Vergleich zu anderen besonders problematisch ist. Wir nannten hierbei den historischen Hintergrund aus der NS-Zeit, die Stigmatisierung durch „Mörder ist wer“ und die fehlende Bestimmtheit der Mordmerkmale, was zu einer ausufernden Auslegung führt. Als nächstes haben wir dann sehr ausführlich über das Mordmerkmal der Heimtücke gesprochen und diskutiert, ob es in dem geschilderten Fall gegeben war. Der Prüfer ging es nicht um eine eindeutige Antwort, sondern vielmehr um die Auseinandersetzung damit, ob Arglosigkeit anzunehmen ist. Die Kandidatin erläuterte, dass bei Schlafenden danach differenziert wird, ob das Opfer sich in der Erwartung, dass ihm nichts geschehe, schlafen gelegt hat. Dies sei ihrer Auffassung nach hier der Fall, weshalb Heimtücke ausscheide. Wir befassten uns intensiv mit der Tatbestands- und der Rechtsfolgenlösung und dem einschränkenden Merkmal der feindlichen Willensrichtung, welches das BVerfG ausdrücklich als verfassungskonform bestätigt hat. Vor diesem Hintergrund erörterten wir auch den Mitnahmesuizid. Der Prüfer fragte im Anschluss, ob Milderungen im Bereich der Tötungsdelikte möglich seien. Ja, grundsätzlich nach § 49 StGB z.B. beim Versuch oder § 213 StGB.
Dann fragte der Prüfer, was zu tun wäre, wenn ein hinreichender Tatverdacht wegen Mordes zu bejahen wäre. Haftbefehl. Alle Voraussetzungen sollten genannt werden. Bei den Haftgründen kam es ihm vor allem auf § 112 III StPO und die verfassungskonforme Auslegung an. Wo wird die Tat dann angeklagt? Schwurgericht. Wo steht etwas dazu? Wie ist das Schwurgericht besetzt? Nachdem wir dies beantworteten, fragte er uns nach aktuellen Entwicklungen in der Politik und warum Herr Spahn gerade so unter Beschuss steht. Er wollte dabei weder auf § 219a noch auf die aktuelle StPO-Reform hinaus, sondern eine Zusammenfassung hinsichtlich Spahns Anordnung, Schwerstkranke entgegen eines höchstrichterlichen Beschlusses, den Kauf von bestimmten Arzneimitteln in extremen Notlagen zu verwehren. Es folgten dann lange Ausführungen zu § 216 und § 217 StGB und allgemeinen Fallkonstellationen wie etwa, wie sich ein Arzt strafbar macht, wenn dieser weitere Behandlungsmaßnahmen unterlässt und der Patient daraufhin stirbt. Es wurden dann §§ 212, 13 StGB geprüft, ausführlich die Garantenstellung des Arztes erörtert und wie sich eine Einstandspflicht zur Willensfreiheit des Patienten, der unbedingt sterben will, verhält. Wann ist Sterbehilfe strafbar, wann nicht? Zuletzt ging es dann noch um § 323c StGB.

Ich wünsche euch ganz viel Erfolg! Bald ist es vorbei.