Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
1 |
Endnote |
1 |
Endnote 1. Examen |
8,11 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Kündigung, Aufhebungsvertrag, Anfechtung
Paragraphen: §1 KSchG
Prüfungsgespräch: hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner, hart am Fall
Prüfungsgespräch:
Es wurde nur Individualarbeitsrecht geprüft. Jedem Prüfling wurde ein kleinerer Fall gestellt, den dieser zuerst allein lösen sollte. Zwei der drei Fälle spielten primär im Kündigungsschutzrecht. Der Letzte betraf die Anfechtbarkeit eines Aufhebungsvertrages, ebenfalls mit inzidenter Kündigungsprüfung. Die Fälle waren wohl an aktuelleren gerichtlichen Entscheidungen angelehnt, jedenfalls nannte er auch das Ergebnis der gerichtlichen Der Prüfer griff für den ersten Fall auf, dass Mark Zuckerberg in Aussicht gestellt hatte, 5% seiner Low-Performer zu kündigen. Es wurde offen danach gefragt, was man als Rechtsanwalt eines deutschen Vertreters einer Meta-Gesellschaft insofern raten würde. Es wurde auf den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG eingegangen, konkret die soziale Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 KSchG. Auch wurde das Anzeigebedürfnis bei Massenentlassungen genannt. Die einzelnen Kündigungsgründe wurden aufgezählt. Zur verhaltensbedingten Kündigung wollte der Prüfer darauf hinaus, was ein AN vertraglich zu leisten verpflichtet sei. Es wurde auf das grundsätzliche Erfordernis einer Abmahnung eingegangen und dass ein Kündigungsgrund beispielsweise mithilfe eines Performance Improvement Plans mit der Zeit begründet werden könne. Zur personenbedingten Kündigung wurde darüber gesprochen, dass die persönlichen Fähigkeiten des AN im Vergleich mit allen vergleichbaren AN unzureichend erscheinen müsste und daneben wohl noch betriebliche Auswirkungen zu verlangen sein wären. Auf die Frage, ob wir denn eine BAG-Entscheidung zu Low-Performern kennen würden und welchen Maßstab das BAG insofern ansetze, konnten wir nicht konkret antworten. Dies wurde durch den Prüfer auch nicht aufgeklärt. Im Weiteren wollte der Prüfer noch darauf hinaus, dass es sich bei Kündigung und sofortiger Neueinstellung anderer Arbeitnehmer um eine sogenannte „Austauschkündigung“ handele. 2. Fall: Stromdiebstahl und außerordentliche Kündigung. Ein AN lädt sein E-KFZ auf dem Betriebsort seines AG vor Arbeitsantritt auf, er arbeitet dort als Rezeptionist einer Beherbergung. In der Hausordnung des Betriebes, die regelmäßig aber nur an Gäste gerichtet ist, steht, dass ein Aufladen der eigenen E-Fahrzeuge an dieser Ladestation aus Sicherheitsgründen verboten ist. Der AG bekommt mit, dass der AN sein Auto bei ihm (unberechtigt) auflädt. AN wird deswegen außerordentlich gekündigt. Der AN behauptet, er habe das Auto nur einmal am besagten Tag geladen, und dies, da das KFZ eine Ladestörung gehabt hätte und AN sonst nach Dienst nicht Heim gekommen wäre. Auch würde der AG das Aufladen bei sich im Betrieb dulden. AG behauptet, der AN habe bereits des Öfteren das KFZ dort geladen. Es wurde gefragt, wie das Arbeitsgericht die Wirksamkeit dieser Kündigung prüfen würde. Ziemlich schnell waren wir bei dem „wichtigen Grund“ i. S. d. § 626 I BGB. Hier wurde die Zwei-Stufen-Prüfung des BAG als Schlagwort genannt und sodann, ob denn das Verhalten ein „Kündigungsgrund an sich“ darstellt. Es könnte der Vorwurf des Diebstahls im Raum stehen, mithin eine Straftat (der einschlägige Straftatbestand musste nicht genannt werden) . In der generellen Interessenabwägung wurde sodann zunächst diese definiert und gefragt, ob eine Abmahnung erforderlich sei. Als der Kandidat tiefer in die Abwägung der Umstände des Einzelfalls steigen wollte, unterbrach der Prüfer und fragte, wie man den entscheiden würde. Dem Vorschlag, dass eine Abmahnung auch in diesem Fall erforderlich wäre und selbst eine ordentliche Kündigung abzulehnen sei, stimmte er auch mit Verweis der Originalentscheidung zu. 3. Fall: Anfechtung eines Aufhebungsvertrages. Ein AN wird zum Personalgespräch beim AG ins Büro eingeladen. Dort triff der AN den AG und seinen RA im ArbR an. Letzterer agierte später auch als Prozessbevollmächtigter des AG. AG und RA legen dem AN einen Aufhebungsvertrag vor. Auf die genauen Konditionen kam es nicht an. Dem AN wird vorgeworfen, dass er die Produktpreise im Programm der AG geändert habe, um dadurch höhere Gewinne verzeichnen zu können. Dies sei geschehen, damit der AN höhere Bonus-Zahlungen vom AG erhalten würde. AG und RA drohen mit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und mit einer Strafanzeige. Nach 10min Anschweigen sagt der RA zum AN, dass – sofern er den Raum verlässt – das Angebot für den Aufhebungsvertrag weg sei. AN unterschrieb den Aufhebungsvertrag und will diesen nun anfechten. Wieder schnell waren wir bei den Anfechtungsgründen, die weiteren Voraussetzungen der Anfechtung waren dem Prüfer ziemlich egal. Die widerrechtliche Drohung wurde zuerst genannt. Es wurde insbesondere über die Voraussetzung der Widerrechtlichkeit gesprochen. Sodann kamen wir zur sehr kurzen Prüfung einer (außer)ordentlichen Kündigung, deren Wirksamkeit wir wegen des Betruges recht schnell annahmen. Der Prüfer fragte nach weiteren Anfechtungsgründen. Genannt wurde die arglistige Täuschung durch Unterlassen, wenn der AG zur Aufklärung z.B. über die sozialrechtlichen Folgen (Sperrzeit, § 159 I 2 Nr. 1 SGB III) verpflichtet gewesen wäre. Es wurde darauf eingegangen, dass Aufklärungspflichten positiv festzustellen sind und dass ein Irrtum über die sozialrechtlichen Folgen ist als Rechtsfolgenirrtum generell unbeachtlich ist. Weiter wurde eine Unwirksamkeit wegen des Verstoßes gegen „das Gebot des fairen Verhandelns“ angerissen. Der Prüfling nannte dies und nannte auch den Anstoßfall (kranke AN wird zuhause überraschend vom AG aufgesucht und unterzeichnete den Aufhebungsvertrag), dies schien der Prüfer aber überhört zu haben. Den nächsten Prüfling fragte er ausdrücklich nach diesem Gebot und wie das denn hieße. Zusammen wurden Maßstäbe entwickelt. Kein Verstoß würde wohl vorliegen, wenn lediglich keine Bedenkzeit eingeräumt wurde, denn ein Angebot ist grundsätzlich sofort anzunehmen (vgl. § 147 BGB). Ohnehin saßen alle 10min schweigend im Raum, von einer Bedenkzeit war auszugehen. Sittenwidrigkeit könne ggf. daraus folgen, dass der AN den Raum nicht verlassen könne, ohne dass das Angebot zurückgezogen wird. Aber eher nur, wenn der AN berechtigt den Raum hätte verlassen wollen (bspw. für einen Toilettengang). Auch in der Originalentscheidung lehnte das Gericht die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages ab.
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg vom Januar 2025 Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.