Prüfungsthemen: Öffentliches Recht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
12 |
Gesamtnote 1. Examen |
12 |
Gesamtnote 2. Examen |
12 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Siehe Zusammenfassung
Paragraphen: §40 BKAG
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort
Prüfungsgespräch:
Nachdem es schon in einem anderen Prüfungsabschnitt um die Letzte Generation und Klimakleber ging, knüpfte die Prüferin inhaltlich daran an. Sie hatte einen Artikel aus einer Zeitung mitgebracht mit der (sinngemäßen) Überschrift „Sylt-Verbot für Klimakleber“. Sie schilderte uns folgenden Fall: Wir sollten uns vorstellen, wir seien Rechtsanwältinnen und ein Mandant komme nun zu uns, der zusammen mit anderen Mitgliedern der Letzten Generation ein Geschäft auf Sylt mit Farbe beschmiert habe. Die Polizei könne jedoch nicht nachweisen, wer von ihnen die Farbe geschmiert habe. Nun habe er einen Brief bekommen, in dem ihm untersagt werde, in den nächsten 2 Wochen nach Sylt zu fahren. Der Mandant lebt in Hamburg, sei aber gebürtiger Sylter. In den nächsten 2 Wochen werde zum einen seine Schwester 30 Jahre alt und feiere eine große Party auf Sylt, die er unbedingt besuchen wolle. Zum anderen sei eine Demonstration von Fridays for Future auf Sylt geplant, an der er ebenfalls teilnehmen wolle. Sie wollte wissen, was wir unserem Mandanten raten würden. Zunächst wollte die Prüferin wissen, worum es sich bei dem Brief gehandelt haben könnte (Verwaltungsakt). Zudem fragte sie, um welche inhaltliche Regelung es sich genau handeln könnte. Wir schlugen Platzverweis und Aufenthaltsverbot vor. Dann wollte sie, dass wir uns vorstellten, die Regelung sei auf das BPolG gestützt und bat uns, die Norm für den Platzverweis im BPolG rauszusuchen. Anschließend teilte sie uns mit, dass die Behörde den Bescheid selbstverständlich auf Landesrecht gestützt habe. Dieses hatte die Prüferin uns auszugsweise ausgedruckt mitgebracht. Wir grenzten zunächst den Platzverweis vom Aufenthaltsverbot ab und kamen zu dem Ergebnis, dass es sich vorliegend um ein Aufenthaltsverbot handeln müsse. Wir haben sauber am Gesetzeswortlaut durchgeprüft, wann die Behörde ein Aufenthaltsverbot erlassen kann. Da in der EGL für das Aufenthaltsverbot das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit nicht ausdrücklich genannt wurde, kamen wir kurz auf die Ergänzungslehre zu sprechen, ohne diese als solche zu benennen. Eine Kandidatin hatte die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu definieren. Die Prüferin fragte, was an dem Begriff der öffentlichen Ordnung problematisch sei (zu unbestimmt). Zudem wollte sie wissen, was es mit der Formulierung „wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen“ auf sich habe (Prognoseentscheidung der Behörde, die auf Tatsachen gestützt sein muss). In diesem Zusammenhang kamen wir darauf zu sprechen, wie es sich auswirkt, dass die Polizei nicht nachweisen kann, wer die Farbe geschmiert hat. Zudem wollte sie wissen, ob es bereits ausreichen kann, dass der Mandant Mitglied der Letzten Generation ist. Wir sprachen über die zeitlichen und örtlichen Grenzen des Aufenthaltsverbots. Sie wollte wissen, warum das Aufenthaltsverbot ausgerechnet für 2 Wochen ausgesprochen wurde (ab 2 Wochen muss die Behörde die Erlaubnis des Richters einholen). Sie fragte, welcher Richter genau dafür zuständig ist. Auch ging es darum, ob die Behörde das Aufenthaltsverbot tatsächlich für ganz Sylt aussprechen konnte (wohl nein, da das Gesetz von Gemeinde spricht, Sylt jedoch aus 6 Gemeinden besteht). Wir kamen zudem kurz auf die Polizeifestigkeit des VersG zu sprechen und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es lohnt sich, während der Prüfung die ausgedruckten Normen zu überfliegen, da sich viele Fragen auf die Normen stützen. Da die Zeit bereits abgelaufen war, kamen wir nicht mehr zur prozessualen Seite des Falles. Viel Erfolg!
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hamburg im Juni 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.