Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im November 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer teilte zu Beginn einen langen Fall aus (dieser füllte eine A4-Seite).
Zusammenfassend ging es darin um die anwaltliche Beratung einer Dame, die eine einstweilige Verfügung zugesandt bekommen hatte. Nach der ist sie verpflichtet worden, ihrer Mutter den Zugang zum Sicherungskasten und zum Heizraum zu ermöglichen.
Die Dame gab dabei im Sachverhalt an, sie lebe schon seit Jahren mit ihrer Mutter zusammen in einem Wohnhaus; in den 80ern habe sie zu Gunsten ihrer Mutter ins Grundbuch eintragen lassen, dass diese in dem Wohnhaus wohnen könne. Geheizt wurde zu dem Zeitpunkt mit einem Kachelofen. Dieser sei der Mutter immer noch zugänglich. Die Heizanlage sei erst später eingebaut worden und die Mandantin geht davon aus, dass das Öl in der Anlage ausgegangen ist.
Nunmehr sei das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter so angespannt, dass die Tochter ausgezogen wäre. Sie fragt, ob und wie man gegen die einstweilige Verfügung vorgehen könnte.
Hier sollte man sich mit den Basics des einstweiligen Rechtschutzes auskennen; man sollte wissen, was eine einstweilige Verfügung ist und dass der Widerspruch gegen diese nach §§ 936, 924 ZPO möglich ist. Der Prüfer fragte uns hierbei, sobald das Stichwort „Rechtsbehelf“ fiel ab, was ein Rechtsmittel und was ein Rechtsbehelf genau denn seien. Ebenso fragte er, was einen Schutzschrift ist.
Ferner fragte er, wann gegen eine einstweilige Verfügung mit einem Widerspruch zu reagierten ist, und wann mit einer Berufung.
Danach fragte er uns nach der Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung und wir gingen auf den materiellrechtlichen Anspruch ein. Man sollte sich hier einigermaßen mit den Dienstbarkeiten im BGB auskennen, Punkte machen konnte man mit der Abgrenzung der verschiedenen Arten gegeneinander. Wir stellten fest, dass es sich bei dem in das Grundbuch eingetragenes Recht um eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit handelte und erarbeiteten, dass aufgrund der Verweise der § 1090 ff BGB hier u. a. auch § 1004 BGB anwendbar war. Insoweit war die einstweilige Verfügung wohl rechtmäßig.
Der Prüfer war sehr nett, jedoch war seine Prüfung sehr speziell. Gerade deshalb hätten wir uns wohl bessere Noten erhofft – so war die höchste Punktzahl die vergeben wurde 10 Punkte, obwohl wir alle den Eindruck hatten, dass wir mit dieser Prüfung doch recht gut umgegangen sind.