Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Bayern im November 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 | 3 | 4 |
Vorpunkte | 5,95 | 5,00 | 5,00 | 5,00 |
Prüfungsgespräch | 9,2 | 12,8 | 8,6 | 10,6 |
Endnote | 6,76 | 8,78 | 6,5 | 7,9 |
Endnote (1. Examen) | 6,22 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: protokollfest
Prüfungsthemen: Vollstreckungsabwehrklage, Berufung, Zwangsvollstreckungstitel, Schadensersatz, Sachmangel, Gewährleistungsausschluss
Paragraphen: §794 ZPO, §767 ZPO, §511 ZPO, §434 BGB, §444 BGB
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar
Prüfungsgespräch:
Die Prüferin stellte uns zu Anfang einen sehr langen und komplizierten Fall vor, den sie wohl aus ihrer eigenen Praxis kannte:
Zwei Bauträger schließen einen notariellen Kaufvertrag über ein Grundstück, das in zwei Bauabschnitte eingeteilt ist und 15 Millionen Euro gekostet hat. Für den Bauabschnitt 1 liegt ein Vorbescheid hinsichtlich einer Baugenehmigung vor. Hinsichtlich des Bauabschnitts 2 liegt keine Baugenehmigung vor. Hinsichtlich des ersten Bauabschnitts wurde der Käuferin/Klägerin ein Rücktrittsrecht eingeräumt, für den Fall, dass sich das Grundstück als unbebaubar erweisen sollte. In dem notariellen Kaufvertrag, hatte sich die Klägerin/Käuferin der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Was die Beklagte/Verkäuferin der Klägerin nicht gesagt hatte, war, dass man schon hinsichtlich des Vorbescheids ein Urteil vor dem VG hatte erstreiten müssen und in diesem Urteil das Gericht zum Ausdruck gebracht hatte, dass es die Chancen hinsichtlich einer Baugenehmigung für Bauabschnittt 2 eher schlecht sieht. Stattdessen hatte die Beklagte der Klägerin angeboten, dass sie gerne Kontakt mit ihren (die der Beklagten) Architekten und Anwälten aufnehmen könne. Dieses Angebot hatte die Klägerin nicht wahrgenommen. Stattdessen beantragte sie eine Baugenehmigung und erhielt sie nicht. Daraufhin verweigerte sie die Kaufpreiszahlung und die Beklagte vollstreckte aus dem notariellen Vertrag, in dem sich die Klägerin der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte. Die Klägerin hat nun kein Interesse mehr an dem Grundstück und will vom Kaufvertrag zurücktreten. In der ersten Instanz war sie erfolgreich. Was nun?
Zunächst fragte sie, was man gegen die Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Kaufvertrag machen könne: Vollstreckungsabwehrklage, § 767 ZPO. Es war darzustellen, welche Voraussetzungen sie hat und wann sie angezeigt ist. Schließlich schwenkte sie über zu dem erstinstanzlichen Urteil und fragte, womit die Klägerin hier nun zu rechnen habe: Berufung, § 511 ff. ZPO. Es wurden die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung abgefragt, welches Gericht dafür zuständig ist und was genau in der Berufungsinstanz geprüft wird.
Im materiellen Teil ging es um die Frage, ob die Bebaubarkeit eines Grundstücks ein Sachmangel ist, woraus der Schadensersatzanspruch der Klägerin resultieren könne und wie wir diesen bewerten. Sie wollte weiter wissen, ob in dem Verhalten der Beklagten Arglist zu sehen sei und startete hier eine Umfrage. Es ging vor allem darum, die Angaben alle zu verwerten und vernünftig zu argumentieren.
Das war’s dann auch schon. Alles in allem eine trotz sehr schwerem Fall faire und machbare Prüfung.