Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Schleswig-Holstein im Februar 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Schleswig-Holstein im Februar 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen:  Kaufrecht und Mängelgewährleistung sowie Ansprüche auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten

Paragraphen:  §437 BGB, §434 BGB, §281 BGB, §284 BGB, §347 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, hart am Fall, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Prüfung begann damit, dass der Prüfer einen Fall schilderte, den er bereits mehrfach geprüft hatte. Es galt sehr, sehr schnell mitzuschreiben, um die ganzen Fakten festzuhalten. Für die Schwierigkeiten der Sachverhaltserfassung durch die Prüflinge hatte er hingegen nur sehr wenig Verständnis, auf Rückfragen zum Sachverhalt reagierte er ungeduldig.
Der Fall lautete wie folgt:
Ein Kunde hatte von einem Gebrauchtwagenhändler einen PKW gekauft. Gleichzeitig kaufte der Kunde eine neue Dachbox, die er nur für diesen PKW verwenden konnte. Der PKW hatte in der Folge Probleme mit der Kupplung und den Bremsen. Bei einer Nachbesserung wurden die Bremsen getauscht. In der Folge kam es zu weiteren Problemen mit dem PKW. Die Kupplung ließ sich zwar treten blieb dann jedoch unten und musste mit der Hand zurückgeholt werden. Der Kunde brachte den PKW daher erneut zum Händler, dieser unternahm eine Probefahrt. Daraufhin wurde die Kupplung erneut repariert, die Bremsen seien jedoch ok und es würde keine weitere Reparatur stattfinden. Der Kunde nahm den PKW wieder mit und die Kupplungsprobleme traten in der Folgezeit erneut auf. Er suchte den Händler wieder auf, traf jedoch dort nur die Bürokraft an, die ihm nicht weiterhelfen konnte. Daraufhin erklärte der Kunde schriftlich durch einen eingeschalteten Rechtsanwalt den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte Rückzahlung des Kaufpreises. Im Prozess wurde ein Sachverständiger beauftragt, der feststellte, dass die Bremsen ok waren und die Kupplung verkehrsgefährdend. Die Kupplung konnte durch Einbau eines Ersatzteils im Wert von 385 Euro (3% des Kaufpreises) repariert werden.
Der Prüfer ging es nur um die Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises für die Dachbox und die Erstattung der Rechtsanwaltskosten. Er hatte diesen Fall schon öfter gestellt und war bis dahin immer nicht gekommen.
Zunächst ging es prozessual um die Zuständigkeit. Er fragte nach der sachlichen (LG, da PKW Wert über 5000 Euro) und nach der Normierung im GVG. Hier fragte er auch die Systematik des GVG ab, d.h. wie die Zuständigkeit des LG normiert sei (Negativ, da nur wenn das AG nicht zuständig ist, das LG zuständig ist). Danach örtliche Zuständigkeit: Hier greifen §§ 12,13 ZPO und § 29 ZPO. Wo ist der Erfüllungsort beim Schadenersatz (beim Schuldner). Nicht § 21 ZPO, dies greift nur bei rechtlich selbstständigen (!) Niederlassungen.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten für die Dachbox:
Wir prüften hier zunächst § 347 BGB. Es galt „notwendige Verwendungen“ zu definieren. Dann Es wurde diskutiert ob es sich bei der Box um eine Verwendung auf den PKW handelt (Nein). Danach kamen wir zu einem Schadenersatzanspruch aus § 437 Nr. 3, 280 I, III und §284 BGB. Hier ging es zunächst darum ganz sauber den Sachmangel herauszuarbeiten. Prüft § 434 BGB streng chronologisch! Danach den relevanten Zeitpunkt, nämliche der Gefahrübergang, § 446 BGB. Dann kamen wir auf die Beweislastvermutung aus § 476 BGB a.F. da es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelte. Der Prüfer wollte wissen was nach § 476 BGB genau vermutet wird (hier die neue Rspr. des BGH bringen: Dass die Sache bei Gefahrübergang mangelhaft war und dass ihr, wenn der Mangel erst später auftritt, bereits vor Gefahrübergang ein Grundmangel anhaftete, der die Ursache für den jetzt auftretenden Sachmangel ist). Im Anschluss ging es um die Frage der Fristsetzung, ob eine erfolgt ist (nein) und ob eine solche hier entbehrlich ist. Hier galt es zu erkennen, dass § 284 BGB wegen des Begriffs „anstelle“ die gleichen Voraussetzungen hat wie § 281 BGB, so dass für den Anspruch sowohl eine Frist grds. notwendig ist und diese auch nach § 281 entbehrlich sein kann. Daneben sollte auf § 440 BGB eingegangen werden. Fristsetzung hier entbehrlich, wg. § 440 BGB, da es wegen der Verkehrsgefährdung des Kupplungszustandes für den Kunden nicht zumutbar ist, einen Fristablauf abzuwarten. Zudem hatte der den Wagen bereits vorgeführt und eine Reparatur war erfolglos geblieben.
Wir gingen danach darauf ein, ob der Ersatzanspruch ausnahmsweise ausgeschlossen ist, weil der Mangel unerheblich ist. Hier wollte er die BGH Rechtsprechung hören, dass erst wenn der Mangel 5% des Wertes des PKW überschreitet, die Wesentlichkeitsschwelle überschritten ist. Hier war aber wegen der Verkehrsgefährdung der Kupplung eine Ausnahme zu machen und der Mangel sollte als wesentlich eingestuft werden. Im Anschluss kamen wir zur Rechtsfolge, d.h. Aufwendungsersetz für die Dachbox. Der Prüfer fragte ob das Ergebnis fair ist. Er wollte auf § 242 BGB hinaus und dass der Kunde die Dachbox dann zurückgeben muss, wenn er vom Verkäufer den Kaufpreis ersetzt bekommt.
Rechtsanwaltskosten:
Danach gingen wir kurz auf die Rechtsanwaltskosten ein. Hier nannte eine Kandidatin als Anspruchsgrundlage § 286 BGB. Damit war er nicht zufrieden, da hier kein Verzug vorlag. Das erkannten wir aber nicht und er wurde zunehmend ärgerlich. Eine sagte dann § 281 und das war die richtige Anspruchsgrundlage.
Insgesamt eine machbare Prüfung. Gefühlt haben wir uns häufig bei Basicfragen aufgehalten und es galt einen Schritt nach dem anderen zu machen und nicht direkt auf ein Problem zu springen.
Viel Erfolg!