Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Mai 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 |
Vorpunkte | 8,6 |
Aktenvortrag | 11 |
Prüfungsgespräch | 11 |
Endnote | 9,5 |
Endnote (1. Examen) | 10,8 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Verkehrsunfallprozess
Paragraphen: §7 StVG
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, Fragestellung klar
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer begann die Prüfung mit einem Fall zu einem Verkehrsunfall. A hält an einer Ampel an der Haltelinie und B fährt ihm hinten drauf. An As Auto kommt es infolgedessen zu einem Schaden an der Stoßstange.
Nun wurde 7 StVG durchgeprüft. Es wurden sämtliche Voraussetzungen genannt, definiert und es wurde subsumiert. Die einzelnen Definitionen dürften bekannt sein. Wir kamen sodann zu 17 StVG. Ein unabwendbares Ereignis lag für keine Seite vor. Hier war auf den Idealfahrer abzustellen. Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge wurde geprüft, ob die bei jedem Fahrer mit 20 Prozent anzusetzende Betriebsgefahr durch Verursachungsbeiträge erhöht wird. Hier kam es insbesondere auf die Beweisbarkeit an. Wir kamen auf den Anscheinsbeweis zu sprechen und definierten diesen. Zudem wurde darüber gesprochen, dass auch die Haftpflichtversicherung mitverklagt werden sollte und dass gegen diese ein Direktanspruch gemäß 115 VVG besteht. Es wurde festgestellt, dass es insbesondere deshalb zweckmäßig ist, die Haftpflichtversicherung mit zu verklagen, weil diese ein liquider Schuldner ist.
Der Prüfer stellte den Fall nunmehr dahingehend, dass B behauptet, der A sei rückwärts gefahren. Er erhebt Wiederklage, mit der er Schmerzensgeld wegen eines Schleudertraumas begehrt. Wie kann A beweisen, dass B ihm hinten drauf gefahren ist? Gibt es eine polizeiliche Unfallskizze? Nein. Zeugen? Es gibt keine. Es läuft auf die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens hinaus. Regelmäßig ordnet der Richter die Einholung eines Sachverständigengutachtens qua Beweisbeschluss an. Wer muss für die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht Vorschuss leisten? Hier ist es denkbar, dass jede Partei die Hälfte zahlen muss. Der Sachverständige stellt fest, dass der Aufprall mit 7 km/h erfolgt ist. Ob A rückwärts gefahren ist oder ob B dem A hinten drauf gefahren ist, lässt sich nicht feststellen. Bekommt B ein Schmerzensgeld zugesprochen? Nein, da der Aufprall mit nur 7 km/h erfolgte, liegt es fern, dass der Unfall zu einem Schleudertrauma geführt hat. Dies würde erst ab einer Aufprallgeschwindigkeit von 15 km/h möglich sein. Da im Ergebnis weder A noch B die Betriebsgefahr des anderen erhöhende Umstände nachweisen können, kommt es zu einer Haftungsquote von jeweils 50 Prozent.