Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Juni 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Auf einem Parkplatz vor einem Mehrfamilienhaus wird eine Frauenleiche gefunden. Es wirkt als sei sie aus dem Fenster gesprungen oder hinausgestürzt worden.
Die Nachbarn alarmieren die Polizei. Es wird festgestellt dass es sich um die Ehefrau des Herrn A handelt, die im 12. Stock lebten.
Am Abend vorher sei es zu lautstarken Streitigkeiten gekommen, um 2 Uhr morgens sei Ruhe gewesen.
Die Polizei läutet daraufhin bei A. Dieser öffnet und sagt sofort „Ja ich wars“.
Er kommt dann mit Einverständnis mit. Auf der Fahrt zur Polizei berichtet er Einzelheiten zur Tat. Es handele sich um Eifersucht und er habe seine Frau über den Balkon gestürzt.
Auf der Wache wird ihm gesagt er habe das Recht zu Schweigen und auf die Hinzuziehung eines Verteidigers. Daraufhin sagt A er habe doch schon alles gesagt.
Die Polizisten werden als Zeugen in der Anklage genannt. Der Verteidiger des A sagt, er werde in der HV schweigen.
Wir sollten dann erläutern, ob das Hauptverfahren eröffnet werden darf/durfte.
Zuerst wurden Tatbestände gesammelt, hier 211 und 212.
Es ging dann im Wesentlichen um die erste Vernehmung, also an der Haustür, und ob ein Verstoß gegen 136 StPO vorliegt.
Dann hätte eine Vernehmung vorliegen müssen.
Es ging dann sehr lange darum wann jemand Beschuldigter ist und wie die Polizei das überhaupt entscheidet. Muss A dazu etwas gesagt haben oder reicht auch eine Handlung um sich als Beschuldigter zu qualifizieren. Die Prüfung war hier etwas träge da wir alle nicht genau wussten worauf der Prüfer hinauswollte.
Ideen wir Anfangsverdacht usw. lehnte er alle ab. Da er mit all unseren Antworten nicht zufrieden war gab er dann selber das Stichwort „Inkulpationsakt“ als Lösung.
Wir kamen zu der Lösung, dass die Äußerung an der Tür eine Spontanäußerung war, daher kein Verstoß 136 StPO.
Dann ging es weiter mit der Aussage im Auto währen der Fahrt zu Polizei.
Der Prüfer wollte dann wissen wo die Verwertungsverbote im Gesetz stehen.
Bis auf die absoluten z.B. 136 a StPO stehen sie nicht. Hier wurden dann die absoluten/relativen Verbote und die Kriterien zur Abwägung (Strafverfolgungsinteresse) genannt sowie die Widerspruchslösung.
Es ging dann sehr lange darum bis wann der Widerspruch erklärt werden müsse. Das war wieder sehr verwirrend da der Prüfer von uns eine definitive Entscheidung wollte, die wir aber nicht gegen konnte, er brach dann irgendwann mit dem Verweis auf 257 StPO ab.
Ein Mitprüfling sollte dann anhand der vorher genannten Abwägungskriterien im konkreten Fall die Abwägung vornehmen. Damit gelangten wir zum Ergebnis Beweisverwertungsverbot (+)
Wir gingen dann auf die Belehrung bei der Polizei ein. Reicht die? Nein, nur wenn qualifizierte Belehrung. Der Prüfer wollte hier von 2 Kandidaten den genauen Wortlaut wie so eine qualifizierte Belehrung klingen könnte.
Welcher Wortlaut jetzt iE genau richtig ist, hat der Prüfer nicht wirklich gesagt aber inhaltlich muss der BES daraufhin gewiesen werden, dass die erste Aussage nicht verwertbar ist und er nicht daran festhalten muss.
Der Prüfer wandelte den Fall dann noch ab, die Frau wurde nun im Wald gefunden.
Gegen A wurde auch ermittelt, er wurde aber freigesprochen.
1 Jahr später: A hat Geliebte, er erzählt ihr von der Tat. Sie geht zur Polizei.
A wird angeklagt und das HV wird eröffnet.
Wir sollten uns in die Rolle des Verteidigers versetzen.
Wir diskutierten hier sehr lange darüber ob man irgendetwas gegen den Eröffnungsbeschluss tun könnte. Hier wussten wir alle nicht wirklich weiter. Zur Ansprache kam die Beschwerde nach 304 StPO aber die schlossen wir aus wegen 210 I StPO.
Dieser Teil war extrem verwirrend und wir tappten alle im Dunkeln.
Im Endeffekt ging es dann aber um Art 103 III GG, d.h. keine doppelte Bestrafung.
Er ging dann hier sehr in die Tiefe. Der A wurde damals ja freigesprochen und daher bestraft.
Kann daher dann trotzdem erneut verhandelt werden.
Hier war es dann wieder sehr schleppend. Der Prüfer gab dann aber an dass der Art. gegen doppelte Strafverfolgung schützt.
Wir kamen dann noch auf die prozessuale Tat/mat. Tatbegriff und wo man etwas dazu im Gesetz findet (52,53 StGB)
Dann gab’s noch kurz einen Schlenker zu 362 StPO Wiederaufnahme zuungunsten des BES.
Der ganze letzte Teil ist leider nicht mehr so genau rekonstruierbar, da wir alle sehr verwirrt waren und der Prüfer einfach sehr unklare Fragen gestellt hat und auch nicht wirklich auf die Antworten eingegangen ist wenn sie falsch waren.
Als letzter Teil:
A ist wegen BTM Handel und Drogensucht unter Bewährung.
Polizei hat Hinweise dass A Kontakt zu D (Crystalmeth Händler) und einem Händlerring hat. Sie setzen einen verdeckten Ermittler (V)ein. Hierdurch wollen sie den Handel mit Hilfe von A aufdecken.
V baut Kontakt zu A auf. Der lehnt aber ab Drogen zu beschaffen V erzählt im wahrheitswidrig: seine Tochter (also des V) soll entführt werden, wenn keine Drogen beschafft werden.
A willigt daraufhin ein und bittet den D um Lieferung einer großen Menge. Dieser liefert
A+D werden festgenommen.
Wir sollten in die Rolle des Staatsanwalts schlüpfen.
Leider kann ich auch hier aus meinen Notizen nicht mehr die Lösung rekonstruieren.
Es wurde aber Art 6 EMRK und das fair trial Prinzip + die Figur des agent provocateur angesprochen.
Dieser letzte Fall füllte auch nur noch die letzten paar Minuten, weshalb wir da nicht mehr wirklich viel zu sagten.
Eine relativ durchmischte Prüfung. Inhaltlich war das meiste sicherlich machbar, jedoch waren die Fragen einfach sehr unklar gestellt und er wirkte auch relativ genervt wenn Antworten nicht sofort perfekt kamen.
Haltet durch! Bald ist es vorbei!