Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im März 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 | 3 |
Vorpunkte | 7,18 | 9 | 6 |
Aktenvortrag | 8 | 8 | 10 |
Prüfungsgespräch | 13 | 12,66 | 12 |
Endnote | 9,01 | 10 | 8 |
Endnote (1. Examen) | 9,28 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Unterlassens-, Schadensersatz- und Auskunftsansprüche des Arbeitgebers gegenüber einer (fristlos gekündigten) Arbeitnehmerin, die gegen § 5 BDSG verstoßen hat
Paragraphen: §823 BGB, §1004 BGB, §280 BGB, §260 BGB
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer teilte einen Fall aus: Der Mandant ist Inhaber eines Unternehmens. Dort beschäftigte er u.a. eine Angestellte, gegen die er nun vorgehen möchte. Die Angestellte hat vor Beschäftigungsbeginn einen Arbeitsvertrag unterzeichnet, in welchem auch eine Verschwiegenheitsklausel verankert war. Nichtsdestotrotz begann die Angestellte schon während des laufenden Arbeitsverhältnisses ein Konkurrenzunternehmen zu etablieren. Im Zuge dessen, speicherte sie Daten von Kunden des Mandanten auf einem USB-Stick, nahm die Daten mit nach Hause und nutzte die Daten für Ihr eigenes Unternehmen (u.a. um die Kunden abzuwerben). Der Mandant kündigte daraufhin der Angestellten fristlos. Diese tätigte jedoch weiterhin Geschäfte mit den Kunden des Mandanten.
Nun gingen wir der Reihe nach vor. Kandidatin 1 (K1) sollte beantworten, welche Ansprüche in Betracht kommen, woraufhin diese Unterlassungsansprüche, insbesondere 1004 BGB nannte. K1 führte weiterhin aus, dass eine einstweilige Verfügung in Betracht käme. Der Prüfer wollte aber zunächst mehr auf die materiell-rechtliche Seite hinaus.
K2 sollte dann beantworten, was die vertragliche Anspruchsgrundlage für den Unterlassungsanspruch sein könnte (§§ 280 I, II 241 II BGB). Im Rahmen der Pflichtverletzung muss sodann unterschieden werden zwischen der Pflichtverletzung vor, und der Pflichtverletzung nach der Kündigung. Es wurde herausgearbeitet, dass sich aus dem Arbeitsvertrag auch nach dem Arbeitsverhältnis noch Pflichten ergeben können. Die Pflicht keine Kundendaten für eigene Zwecke zu „missbrauchen“ sei örtlich und zeitlich begrenzt. Genauer gingen wir hierauf nicht ein, da keiner wusste, wie die Rechtsprechung die Begrenzung genau vornimmt.
K3 sollte sodann näher auf die Anspruchsgrundlage des § 1004 BGB eingehen. Hier war es besonders wichtig neben § 1004 BGB analog auch § 823 BGB zu nennen. Dem Prüfer ist es also besonders wichtig, bei der Anspruchsgrundlage genau zu arbeiten.
K1 sollte im weiteren Verlauf auf die Schutzgesetze i.R.d. § 823 II BGB eingehen. Hierbei sollte der einschlägige Paragraph des Bundesdatenschutzgesetzes (dieser war auch unterhalb des Sachverhalts abgedruckt) genannt und subsumiert werden. K1 führte insbesondere aus, wieso ein Schutzgesetz vorliegt und was die Voraussetzungen eines Schutzgesetzes sind.
K2 führte dann aus, welche Schutzgesetze noch in Betracht kommen (insbesondere strafrechtliche und solche aus dem UWG). Der Prüfer frage K2 weiterhin was typischerweise bei Unterlassungsansprüchen noch erforderlich sei. Hier wollte er auf die Wiederholungsgefahr hinaus, wobei ihm das Wort „wiederholen“ sehr wichtig war. Er fragte, wie man diese als Anwalt beweise. Letztlich wollte er darauf hinaus, dass die Rechtsprechung bei einem Verstoß gegen das Datengeheimnis eine tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr annimmt.
K3 führte dann aus, dass außerdem auch noch Schadensersatzansprüche in Betracht kämen. Im Verlauf der weiteren Prüfung wollte er noch kurz hören, was eine Strafbewehrte Unterlassungserklärung sei. Hier sollte insbesondere das Wort „strafbewehrt“ fallen. Wir diskutierten auch noch, dass in diesem Fall auch noch Auskunftsansprüche relevant sein könnten. Die Anspruchsgrundlage hierfür ist § 260 BGB analog. Am Ende der Prüfung gingen wir noch kurz auf die Stufenklage ein, und wieso diese im vorliegenden Fall zweckmäßig ist (Prozessökonomie, Verjährung auch bzgl. 3. Stufe gehemmt). Zudem sollten die einzelnen Stufen der Stufenklage von K 3 genannt werden.
Da wir nur zu dritt waren, war die Prüfung dann auch schon sehr schnell vorbei! Viel Erfolg – mit Grundkenntnissen im DeliktsR und ZivilprozessR ist die Prüfung auf jeden Fall gut machbar.
Detailwissen ist nicht erforderlich, und auch gar nicht erwünscht.