Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hessen vom März 2025

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

6,1

Endnote

5,5

Endnote 1. Examen

5,5

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Jura-Hochstapler, Arzt-Hochstapler, Gang des Verfahrens

Paragraphen:  §263 StGB, §267 StGB, §266 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Zunächst wurde das materielle Recht geprüft. Hierfür schilderte die Prüferin mündlich den Fall eines Hochstapler-Rechtsanwalts in einer Großkanzlei. Diesen gab es so (oder so ähnlich) in München, wobei hier im März 2024 das Revisionsurteil erging (der Fall lässt sich einfach Googlen). Ein ehemaliger Jura-Student, der sein Studium nach einigen Semestern abbrach, beschloss dennoch als Rechtsanwalt tätig zu sein. Hierfür erstellte er sich ein Examenszeugnis und Urkunden über die Rechtsanwaltszulassung und einen Doktortitel. Zudem erstellte er einen passenden Lebenslauf, in dem er auch angebliche Ehrenämter aufführte. Diese Unterlagen fügte er seiner Bewerbung bei, woraufhin er schließlich als Rechtsanwalt eingestellt wurde und ein Gehalt von 12.000 € brutto sowie einen Dienstwagen erhielt. Die Tätigkeit führte er dann aus, wobei er mal mehr, und mal weniger erfolgreich mit seinen Fällen war. Die Prüferin wollte wissen, wie er sich hier strafbar gemacht haben könnte. Genannt wurden insb. §§ 263, 267, 266, 269 und 132a StGB. Der SV war dann unter die Tatbestände zu subsumieren, um die Strafbarkeit zu bejahen oder zu verneinen. Hier sollte man also die üblichen Definitionen der Normen nennen können. Wir definierten den Begriff der Urkunde und problematisierten die Fotokopie. Die Prüferin fragte, was denn sei, wenn die Bewerbung rein Online abgegeben worden wäre. Wir sprachen über § 268 StGB, aber verneinten das Vorliegen von technischen Aufzeichnungen. Wir bejahten das Vorliegen von § 269 StGB. Danach prüften wir den Betrug. Wir problematisierten hier vor allem den Vermögensschaden. Die Prüferin war es hier sehr wichtig, dass man (mehr oder weniger juristisch) Argumente dafür und/oder dagegen aufzählt. Als Stichpunkte nannten wir die schadensgleiche Vermögensgefährdung und das „wirtschaftliche Äquivalent“. Sodann prüften wir noch die Untreue und verneinten letztlich eine etwaige Vermögensbetreuungspflicht. Auch hier sollten wir nur Pro- und Contra Argumente aufzählen. Der Fall wurde dann wie folgt abgewandelt: Es handelte sich nun nicht mehr um einen RA, sondern um einen angeblichen Arzt, welcher als Anästhesist arbeitete. Während seiner Tätigkeit kam es dazu, dass ein Patient wegen seiner Falschbehandlung verstarb. Hier wurden die §§ 211, 212, 222, 227, 223 und 224 unter Nennung der üblichen Definitionen durchgeprüft. Beim Mord wurden die möglichen Mordmerkmale angeprüft: Heimtücke (kann ein sedierter/bewusstloser Patient arglos sein?), Habgier (weil der Anästhesist für seine Tätigkeit bezahlt wird?), niedrige Beweggründe (Anerkennung und Respekt für die Tätigkeit als Anästhesist während er Menschenleben gefährdet?). Bei diesen Punkten und auch anderen TBM ging es meiner Einschätzung nach mehr darum, gut zu subsumieren und ggf. zu argumentieren. Vorsatz und Fahrlässigkeit waren genauer zu prüfen. Beim § 224 ging es um die Definition und Subsumtion der § 224 I Nr. 1, 2 und 5. Insbesondere war auch die Einwilligung zu problematisieren und abzulehnen, da diese nur für die Behandlung eines echten Arztes abgegeben wurde. Im Rahmen des § 222 StGB sollte man alle TBM nennen können, wobei es ihr wieder auf die einfache Argumentation Pro- und Contra ankam. Schließlich gingen wir über zum Prozessualen Teil: Hier fragte die Prüferin nach dem weiteren Vorgehen der StA im Fall des Jura-Hochstaplers. Hier war zu sagen, dass die StA bei hinreichendem Tatverdacht Anklage erhebt. Daraufhin fragte sie, vor welchem Gericht Anklage zu erheben ist. Wir nannten die örtliche Zuständigkeit nach §7ff StPO und die sachliche Zuständigkeit nach §24ff GVG. Weiter fragte die Prüferin, was denn Inhalt der Anklageschrift sei (Diese Frage stellt Sie in nahezu jeder Prüfung!). Wir nannten §§ 199, 200 StPO und Nr. 110 der RiStBV. Wir kamen auch auf die notwendige Verteidigung zu sprechen. Dann ging es darum, wie das Gericht vorgeht, wenn es die Anklageschrift auf dem Tisch hat. Das Gericht prüft die Anklageschrift samt den Akten. Hier wollte die Prüferin die § 201 (und § 202a) StGB hören, bevor das Gericht über die Eröffnung der Hauptverhandlung entscheidet. Sie fragte hier explizit nach den einzelnen Schritten eines Strafrichters. Wir sagten, der Strafrichter wird Termin bestimmen und Ladungen verschicken. Sie fragte, was bei einem Nichteröffnungsbeschluss getan werden kann. Wir nannten hier die sofortige Beschwerde als Rechtsbehelf (§§210, 311 StPO). Zum Schluss wollte sie hören, wie Rubrum und Tenor im Falle der Verurteilung lauten würden. (Das Rubrum konnte keiner von uns ad hoc beschreiben; ich glaube, wir hätten hier einfach § 260 StPO nennen sollen). Das Prüfungsgespräch mit dieser Prüferin war insgesamt angenehm.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen vom März 2025. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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