Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hessen vom September 2023

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

10

Endnote

10

Endnote 1. Examen

10

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen:  Strafrecht materiell und StPO

Paragraphen:  §223 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer hat bei uns den bekannten Fall des „Fahrradrowdys“ geprüft. Der Beschuldigte befuhr mit seinem Fahrrad einen Weg, der sowohl als Wanderweg als auch als Radweg freigegeben war. Er hatte 1,7 Promille Alkohol im Blut. Als ihm ein Kind in die Quere kam und er sich darüber ärgerte, hielt er an und gab dem Kind eine Ohrfeige. Der Vater des Kindes hielt den Beschuldigten fest. Auch diesem versetzte er einen Schlag. Die Mutter des Kindes stellte sich dem Beschuldigten in den Weg, um ihn am Wegfahren zu hindern. Er fuhr die Mutter um und flüchtete mit dem Fahrrad. Die Mutter musste mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Da die Polizei einen vagen Verdacht hatte, um wen es sich bei dem Beschuldigten handeln könnte, wurde dieser an seiner Wohnanschrift aufgesucht. Der Beschuldigte öffnete die Tür, bestritt die Vorwürfe und gab an, den ganzen Tag mit Freunden im Garten gegrillt zu haben. Er hatte eine schwere Atmung, roch nach Alkohol, hatte Schürfwunden an den Knien etc. Da dieser Sachverhalt bereits mehrfach Gegenstand der mündlichen Prüfung war, verzichte ich an dieser Stelle auf eine weitergehende detaillierte Wiedergabe des Sach-verhaltes. Die Situation war, dass ein Polizist (POM Fritz) bei der StA anrief und fragte, was zu tun sei. Der erste Kandidat begann mit der Prüfung des Anfangsverdachts nach § 152 Abs. 2 StPO. Die konkrete Definition muss sitzen. Folgende Straftatbestände waren zu prüfen: – Versuchter Mord, §§ 211, 22, 23 Abs. 1 StGB o hier war der bedingte Vorsatz genau zu definieren. o Mordmerkmale: Verdeckungsabsicht +, niedrige Beweggründe (?) o Hemmschwellentheorie (was besagt sie?) – § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB o hier war insbesondere zu betonen, dass es ausreicht, wenn der Unfall für eines der Beteiligten plötzlich ist. Schön wäre, wenn man hier Argumente nennen kann (z.B. Opferschutz). – §§ 223, 224 I Nr. 2 Alt. 2, Nr. 5 o Die Definitionen mussten sitzen und Schlagwörter sollten hier fallen o hier war auch insbesondere zu prüfen, dass der Beschuldigte nicht selbst gerechtfertigt war, da der Vater ein Festnahmerecht nach § 127 Abs. 1 StPO hatte. – § 315c Abs. 1 + – Wohl auch § 315b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 315 Abs. 3 Nr. 1 b) StGB (als ein Kandidat diesen Straftatbestand prüfte, war der Prüfer sehr erfreut) – 316 StGB – § 223 bezüglich Kindes und Vater, bei dem Vater war Notwehr kurz anzusprechen Es waren anschließend die Konkurrenzen zu bilden. Wichtig war, dass man die Zäsur Wirkung des § 142 Abs. 1 StGB sieht. Die Voraussetzungen des § 102 StPO waren zu prüfen. Was ist Sinn und Zweck der Durchsuchung? (u.a. Auffinden von Beweismitteln). In diesem Zusammenhang war es nach meinem Eindruck für den Prüfer wichtig, aufzuzeigen, was Beweismittel in diesem Sinne sind. Beweismittel sind auch Personen, die zu Beweiszwecken in Augenschein genommen werden sollen, nicht aber Personen, die nur als Zeugen gesucht werden. Im vorliegenden Fall war ersteres der Fall, da die Polizeibeamten sich durch die Inaugenscheinnahme der vom Beschuldigten behaupteten Grillparty vergewissern konnten. Wann liegt Gefahr im Verzug gem. § 105 Abs. 1 StPO vor? Es wurden die Voraussetzungen des § 98 StPO geprüft. Insbesondere war hier die gerichtliche Bestätigung gem. § 98 II S. 1 StPO anzusprechen. Kurz wurde § 73 StGB angesprochen. § 111b StPO Sodann wurden die Voraussetzungen des § 127 Abs. 2 StPO erörtert. In diesem Zusammenhang wurde § 112 Abs. 3 StPO (teleologische Reduktion) angesprochen. Im konkreten Fall: Verdunkelungsgefahr. Der BS würde seine Freunde einweihen und sagen, sie sollen aussagen, dass eine Grillparty stattgefunden hat. Aber auch Fluchtgefahr. Warum? Er ist schon einmal geflohen (nachdem er die Mutter angefahren hat/ Nachtatverhalten). § 105 Abs. 2 StPO (Durchsuchungszeugen) wurde angesprochen Und natürlich § 81a StPO Insgesamt war es wichtig am konkreten Fall zu subsumieren und zu argumentieren. Auf die Frage, was man noch machen könne, war der Prüfer sehr erfreut gewesen, dass die Antwort kam, dass die Geschädigten sich ein Attest besorgen sollten, damit dieses als Urkunde nach § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO in der Hauptverhandlung verlesen werden könne. Man könne auch die Polizeibeamten zur Mutter ins Krankenhaus schicken, um zu sehen, ob sie verhandlungsfähig sei.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen vom September 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.