Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hessen vom September 2024

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

11,55

Endnote

12,06

Endnote 1. Examen

9,26

Zur Sache:

Prüfungsthemen:  Legalitätsprinzip – Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft – Bestimmtheitsgrundsatz / Analogieverbot

Paragraphen: §103 GG, §1 StGB, §152 StPO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer begann die Prüfung mit einem Bezug zur vorangegangenen Prüfung im Öffentlichen Recht. In der ÖR-Prüfung ging es primär um das „Parken“ i.S.d. § 12 Abs. 3b StVO und die Frage, wann ein „nicht länger als zwei Wochen parken“ vorliegt. Hier wurde lange diskutiert, ob ein zwischenzeitliches Wegfahren dazu führt, dass die zweiwöchige Frist i.S.d. Norm erneut beginnt. Der Prüfer fragte zunächst, inwieweit dies auch für das Strafrecht relevant sein könnte. Dabei wollte er zunächst auf das Ordnungswidrigkeitenrecht bei straßenverkehrsrechtlichen Verstößen hinaus. Es wurde herausgearbeitet, wann eine Ordnungswidrigkeit vorliegt. Sodann wollte er wissen, was hier problematisch sei, wenn man das Strafrecht denke. Dabei wollte er auf das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot hinaus. Dabei wollte er wissen, wo dieses verankert ist (Art. 103 II GG sowie § 1 StGB). Dann wollte er wissen, ob dies auch für Ordnungswidrigkeiten gelte. Dies wurde bejaht. Auf die Frage, ob dies nicht eine unzulässige Analogie sei, war die richtige Antwort, dass es es sich hierbei um eine Analogie zugunsten des Bürgers handelte, die zulässig ist. Im Anschluss stellte der Prüfer die Frage, wonach es sich bemisst, ob ein Handeln strafbar oder eine bloße Ordnungswidrigkeit ist. Dabei sollte darauf eingegangen, dass diese Entscheidung dem Gesetzgeber obliegt. Diese ist jedoch an den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden. Diesbezüglich fragte der Prüfer auch, welcher Latein-Begriff hier zu nennen sei (Ultima Ratio Prinzip). Im zweiten Teil der Prüfung schilderte der Prüfer einen Fall aus seiner Praxis am Amtsgericht. Es ging im Wesentlichen um einen Anruf eines Bürgers bei der Polizei, der ein Geschehen auf dem Marktplatz i.R.d. Trinkerszene in Gießen beobachtet hat. Bei diesem wurde eine Person von einem anderen Mann niedergeschlagen. Sodann kam ein anderer Mann und hielt der niedergestreckte Mensch fest, woraufhin die erste Person erneut zuschlug. Der Prüfer wollte wissen, wie wir als Staatsanwaltschaft nun vorgehen würden. Dabei wurde zunächst darauf eingegangen, den Anrufer als Zeugen zu laden. Er gab sodann vor, dass im Rahmen der Zeugenvernehmung die Identität der Täter nicht festgestellt werden konnte. Sodann sollten weitere Ermittlungsmaßnahmen erörtert werden. Hier war der Prüfer offen für viele Ideen (Wahllichtbildvorlage, Durchsuchung etc.). Die einzelnen Ermittlungsmaßnahmen und ihre Voraussetzungen sollten genannt werden. Auch waren die einzelnen einschlägigen Normen zu nennen. Der Prüfer stellte zudem die Frage, ob die Staatsanwaltschaft auch einfach sagen könnte „wir handeln nicht“ oder „In dieser Szene unternehmen wir nichts“. Hier wollte er auf das Legalitätsprinzip (§ 152 StPO) hinaus. Dabei sollte auch genannt werden, ein Nichteinschreiten zu einem erheblichen Vertrauensverlust in den Rechtsstaat führen würde.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen September 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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