Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Hessen vom September 2024

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Endpunkte

7

Endnote

7

Endnote 1. Examen

7

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Nebenbestimmungen, Verwaltungsrecht

 Paragraphen: §42 VwGO

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reinfolge ein, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer eröffnete die Prüfung mit einem diktierten Fall, den wir stichpunktartig mitschreiben sollten. Es ging um den psychisch kranken A, der seine Führerscheinprüfung erfolgreich absolviert hatte und von der zuständigen Behörde die Fahrerlaubnis erhielt. Zusätzlich wurde im Fahrerlaubnisbescheid angeordnet, dass A ein fachpsychiatrisches Attest beibringen müsse. Gegen diesen Bescheid legte A fristgerecht Widerspruch ein, woraufhin der Widerspruchsbescheid nicht nur die Attest Anordnung bestätigte, sondern auch regelmäßige Drogentests vorschrieb. Der Prüfer fragte uns zunächst, welche rechtlichen Schritte A jetzt einleiten könnte. Da er nicht auf den einstweiligen Rechtsschutz hinauswollte, kamen wir zu dem Schluss, dass eine Klage möglich wäre. Im Anschluss prüften wir ausführlich die Zulässigkeit der Klage, wobei der Prüfer großen Wert darauflegte, jeden Punkt gründlich zu untersuchen und zu erläutern. Wir bejahten den Verwaltungsrechtsweg nach § 40 I 1 VwGO und widmeten uns der statthaften Klageart. Unter Berücksichtigung des Klagebegehrens gem. § 88 VwGO kamen wir zur Anfechtungsklage. Ein zentraler Diskussionspunkt waren die beiden „Zusätze“ zur erteilten Fahrerlaubnis. Wir sprachen über den Unterschied zwischen Inhalts- und Nebenbestimmungen und sollten jeweils entscheiden, welche Art vorliegt. Der Prüfer betonte, wie wichtig es sei, die Definitionen präzise zu kennen und anhand dieser eine saubere Subsumtion vorzunehmen. Schlussendlich stuften wir beide Anordnungen als Nebenbestimmungen ein, was zur Frage der isolierten Anfechtbarkeit führte. Hierzu stellten wir verschiedene Ansichten dar und erörterten die Argumente für und gegen eine isolierte Anfechtbarkeit. Nach herrschender Meinung sind Nebenbestimmungen grundsätzlich isoliert anfechtbar, sodass wir die Prüfung weiterführen konnten. Besonders relevant war es dann, die genaue Art der Nebenbestimmungen zu bestimmen. Der Prüfer legte großen Wert darauf, die beiden Anordnungen gedanklich klar zu trennen. Letztlich kamen wir zu dem Ergebnis, dass beide Anordnungen als Auflagen gem. § 36 II Nr. 4 HVwVfG zu werten sind. Eine Abgrenzung zur Bedingung war ebenfalls erforderlich, wobei der Prüfer mit einer einfachen Wortlautauslegung zufrieden war. Nach der bejahten Klagebefugnis, die keine größeren Probleme aufwarf, kamen wir zur Frage nach der Notwendigkeit eines Vorverfahrens gem. §§ 68 ff. VwGO. Hier war es wichtig, zwischen den Anordnungen zu unterscheiden: Für das fachpsychiatrische Attest war ein Vorverfahren durchgeführt worden, für den Drogentest jedoch nicht. Der Prüfer war erfreut, dass wir diesen Punkt sofort erkannten. Wir diskutierten kurz die Konsequenzen des fehlenden Vorverfahrens und stellten fest, dass gem. § 68 I Nr. 2 VwGO aufgrund der erstmaligen Beschwer im Widerspruchsbescheid kein Vorverfahren erforderlich war. Im Rahmen dessen sprachen wir auch über den Begriff der „erstmaligen Beschwer“ und das Konzept der „reformatio in peius“. Der Prüfer fragte, ob und warum diese als zulässig oder unzulässig angesehen werden könnte, und ließ uns dabei Raum, unser Wissen darzulegen. In der Begründetheit wollte der Prüfer, dass wir den passenden Obersatz für die Anfechtungsklage formulieren. Bei der Frage nach der Ermächtigungsgrundlage für die Auflagen stießen wir auf ein Problem, da niemand eine eindeutige Antwort parat hatte. Dies schien der Prüfer erwartet zu haben, weshalb er uns mit einem Lächeln den Hinweis gab, in der Fahrerlaubnisverordnung nachzuschlagen. So kamen wir auf § 46 II FeV als einschlägige Norm. In der Diskussion der formellen Rechtmäßigkeit besprachen wir noch die Heilung von Formfehlern nach § 45 HVwVfG, bevor wir uns der materiellen Rechtmäßigkeit zuwandten. Dabei fragte der Prüfer nach der Bedeutung des Begriffs „bedingte Eignung“. Ein Prüfling merkte richtigerweise an, dass es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der ausgelegt werden muss, was dem Prüfer positiv auffiel. Mithilfe von § 11 FeV gingen wir näher auf die Auslegung ein, jedoch kamen wir aufgrund der abgelaufenen Prüfungszeit zu keinem abschließenden Ergebnis. Viel Glück!

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Hessen im September 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

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