Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Niedersachsen im August 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im August 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 14,6
Zivilrecht 17
Strafrecht 17
Öffentliches Recht 16
Endnote 15,03

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest, aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Verkammerung der Pflegeberufe in Niedersachsen, allgemeines Verwaltungsrecht, Verwaltungsprozessrecht, Vereinigungsfreiheit, funktionale Selbstverwaltung

Paragraphen:  §70 GG, §43 VwGO, §25 GG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen, lässt sich ablenken

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer teilte den Gesetzestext zur neuen, zum 1. Januar 2018 neugeschaffenen Pflegekammer Niedersachsen auszugsweise aus.
Dann moderierte er die Fragen sehr stark. Er fragte nach der Rechtsform einer Kammer (Körperschaft), dem Unterschied zur Anstalt und der allgemeinen Kompetenz des Landes zur Errichtung einer solchen Kammer, wobei v.a. Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG (Recht der Heilberufe) anzudenken war.
Dann wurde geprüft, ob die Schaffung der Pflegekammer Grundrechte beeinträchtige (z.B. ob Art. 9 Abs. 1 GG bei ö-r Zwangskörperschaften greift); nachdem ich das Grimm-Sondervotum im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG verteidigt hatte, wurde ich zu europäischen Rechtsschutzmöglichkeiten (EMRK) befragt. Auch die Grundfreiheiten der EU wurden erörtert.
Dann sprachen wir ein bisschen über das Wesentlichkeitsgebot und dessen mögliche Abwandlungen im Hinblick auf funktionale Selbstverwaltung.
Das sind i.Ü. Erwägungen, die das Bundesverfassungsgericht im jüngsten IHK-Beschluss nochmals in extenso angestellt hat. Insofern handelte es sich in zweierlei Hinsicht um ein aktuelles Thema. Nachdem verschiedene Fragen zur Mitgliedschaft am Text beantwortet wurden, ging es abschließend noch um die Möglichkeiten, gegen einen so überschriebenen „Ablehnungsbescheid“ (dort wurde der materielle und formelle VA-Begriff vertieft) vorzugehen, wenn es Meinungsverschiedenheiten über die Mitgliedschaft in der Körperschaft gibt.
Dann ging es weiter in verwaltungsprozessuale Feinheiten wie das Zwischenfeststellungsurteil oder die allgemein-verwaltungsrechtliche Frage nach der Verwaltungsaktbefugnis.
Die Prüfung war in ihren Fragen trotz des uns allen unbekannten Gesetzes recht konventionell. Es gab hinreichend Gelegenheit, eigenes Wissen (auch ausführlicher) zu präsentieren. In unserer leistungsstarken Prüfgruppe gab es spezielle Fragen zur Differenzierung nach oben, bei denen er immer wieder betonte, man müsse das nicht wissen.
Der Prüfer stellt seine Fragen nicht immer ganz klar; das gibt einem auch die Möglichkeit, sich die Fragen im Rahmen des Vertretbaren „zurechtzulegen“. Er lässt sich also gut führen. Ansonsten:
Nachfragen! Er hilft gern. Seine Redeanteile sind insgesamt recht hoch.
Insgesamt ist er durchaus protokollfest. Es kommt als Einstieg eigentlich immer (!) Art. 70 Abs. 1 GG; er hat eine Vorliebe für ausgefallene Themen, das allgemeine Verwaltungsrecht, das Verwaltungsprozessrecht und basale europa- und völkerrechtliche Bezüge. Wer sich das ansieht, dürfte zurechtkommen.
Ihr habt mit diesem Prüfer einen sicherlich ein wenig ausgefallenen Prüfer erwischt; aber er weiß, dass seine Fragen eigenes Denken statt bloßes Repetieren verlangen. Man kann darüber klagen; man kann sich aber auch freuen, dass man in einem manchmal ziemlich geistlosen Studium am Ende zeigen kann, dass man auch Fähigkeiten gelernt hat. Er wird es euch reichlich vergüten.