Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im August 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer leitete die Prüfung wie bereits aus anderen Protokollen bekannt folgendermaßen ein:
Stellen Sie sich vor, Sie sind Rechtsanwalt und zu Ihnen kommen K1 und K2, die Kinder von M und F.
Sie berichten, dass ihre Mutter kürzlich gestorben sei und fragen, was nun zu tun sei bzw. welche Ansprüche sie haben.
Wie bereits bekannt, sollten wir den Sachverhalt dann durch eigene Rückfragen weiter ausforschen. Hierbei kam es ihm nicht nur darauf an, bestimmte Fragen zu stellen und hinterher aus direkt sagen zu können, warum diese Frage hier von Relevanz war, sondern insbesondere auch, dass immer die naheliegende Frage gestellt wurde. Das wurde in den bisherigen Protokollen für mich bislang nicht so deutlich. Ob, eine gewillkürte Erbfolge gegeben war, sollten wir erstmal dahinstehen lassen (später musste aber unbedingt § 1937 BGB fallen!!!). Primär ging es um die gesetzliche Erbfolge zu Beginn.
Fragen waren dann:
Sind noch weitere Kinder vorhanden? (ja, K3 und K4)
Lebt M noch? (ja)
Sind M und F verheiratet? (ja)
Liegen die Voraussetzungen von § 1933 BGB vor? (M und F leben seit 10 Jahren getrennt und M hat vor 3 Jahren Scheidungsantrag gestellt!!! –> § 1565 BGB)
Wann haben K1 und K2 vom Tod erfahren? (wichtig für eine mögliche Ausschaltung – war hier aber nicht problematisch!)
Mit der Frage ging es der Reihe nach und nachdem wir alle relevanten Fragen und Antworten zusammen hatten, muss ein Kandidat die gesetzliche Erbquote bestimmen.
Danach sollte unterstellt werden, dass es nunmehr zwei letztwillige Verfügungen gibt: Zunächst gab der Prüfer vor, dass es ein gemeinschaftliches Testament der Eheleute M und F aus dem jähr 2006 gebe, in dem M und F sich gegenseitig als Erben des Erstverstorbenen eingesetzt hätten und nach dem Tod des Länger lebenden sollten dann K1, K2, K3 und K4 zu gleichen Teilen ergeben. Die F sei dann im jähr 2015 hingegangen und habe ein Einzeltestament errichtet (Achtung: M lebt noch!!!) und in diesem Einzeltestament ausschließlich K1 und K2 bedacht.
Hier ging es darum, ob das gemeinschaftliche Testament durch das spätere Einzeltestament unwirksam wurde. Hier wollte der Prüfer auf jeden Fall § 2258 BGB hören.
Dann wollte er Ausführungen zur Wechselbezüglichkeit der Verfügungen hören –> § 2270 BGB.
Wir kamen im Anschluss auf § 2077 BGB zu sprechen. Insbesondere sollte ein Kandidat den dortigen Absatz III erklären. Dieser enthält eine Zweifelsregelung. Der Prüfer fragte dann, was man in der Praxis tun könne: Das habe ich nicht ganz verstanden, ich glaube es ging darum, einen Erbvertrag vor Eheschließung zu schließen.
Zum Schluss kamen wir auf das Pflichtteilsrecht zu sprechen. Hier wurden absolute Basics gefragt, die ihr sicher alle kennt und die man auch ohne weiteres mit dem Gesetzestext lösen konnte.
Da das spätere Einzeltestament wohl wirksam war, ging es also um Pflichtteilsansprüche von K3 und K4. Wir kamen dann noch auf den Ehemann zu sprechen. Obwohl er lebte dachten wir irgendwie alle er sei tot und kamen daher am Ende nicht mehr auf seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich, der den Nachlass von K1 und K2 noch schmälern könnte.
Alles in Allem eine faire Prüfung!
Ich wünsche euch ganz viel Erfolg, bald habt auch ihr es geschafft!!!