Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Januar 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Das Prüfungsgespräch bei Herrn B. bildete den Abschluss unserer mündlichen Prüfung.
Herr B. griff zunächst ein Thema aus dem öffentlich-rechtlichen Prüfungsgespräch auf. Dort hatte sich die Prüferin nach § 34 Abs. 2 BVerfGG (der Möglichkeit, eine Missbrauchsgebühr von bis zu 2600 € zu erheben) erkundigt. Herr B. schilderte in diesem Zusammenhang, dass er sich manchmal eine entsprechende Gebühr für zivilrechtliche Verfahren wünsche. Er fragte, ob es eine solche Möglichkeit im Zivilprozess gebe.
Wir arbeiteten heraus, dass bei zivilrechtlichen Klagen grds. ein Gerichtskostenvorschuss von der klagenden Partei zu entrichten ist. Insofern besteht ein Unterschied zu Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, die grds. kostenfrei sind (§ 34 Abs. 1 BVerfGG).
Herr B. erkundigte sich weiter, inwiefern es Möglichkeiten gebe, auf Missbrauch zu reagieren. Ich wies auf die Vorschriften zur Sitzungspolizei der §§ 169 ff. GVG hin, wonach jedoch nur ungebührliches Verhalten in einer Sitzung sanktioniert werden kann.
Weiter fragte er nach dem PKH-Verfahren. Dabei wollte er sowohl die Voraussetzungen der PKH-Bewilligung als auch deren grundrechtlichen Hintergrund erfahren. Auch den Instanzentzug im Zivilprozess wollte er geschildert bekommen.
Anschließend schilderte Herr B. den Fall eines Scheidungsverfahrens, dass sich über Jahre hinzieht. Die Verzögerungen beruhten auf
- der Komplexität der Verfahrens
- der Einholung div. Sachverständigengutachten
- Hinweise des Gerichts
- PKH-Gesuchen
- Unbegründeten Ablehnungsgesuchen
- Nichtarbeit des Gerichts
Vor diesem Hintergrund fragte Hr. B. die Grundzüge des Scheidungsrechts ab. Dabei gab er zu erkennen, dass er vertiefte Kenntnisse auf diesem Gebiet nicht voraussetze. Herr B. wollte zunächst die Voraussetzungen einer Ehescheidung erfahren. Daneben fragte er, um was für eine Art von Urteil es sich bei der Ehescheidung handelt (Gestaltungsurteil).
Anschließend fragte er, was man tun könne, wenn der Richter das Verfahren einfach nicht weiter betreibt. Was würden wir als RA in einer solchen Situation unternehmen? Ich sagte, ich würde zunächst beim Richter anrufen um mich zu erkundigen, ob von Seite der Mandanten etwas unternommen werden könne.
Anschließend diskutierten wir die Möglichkeiten einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Herr B. fragte insofern, ob es eine normative Anknüpfung hierfür gebe (Art. 17 GG).
Leider fiel uns nicht ein, wo die Möglichkeit der Verzögerungsrüge normiert ist (§§ 198 ff. GG). Dies schein Herr B. uns jedoch im Ergebnis nicht negativ anzulasten.
Schließlich gingen wir näher auf die richterliche Unabhängigkeit und die Grenzen der Dienstaufsicht ein. Herr B. wollte wissen, wer die Dienstaufsicht über die Richter am Amtsgericht führt. Eine Kandidatin nannte den Direktor des AG, was falsch ist. Eine andere nannte den Präsidenten des AG. Herr B. fragte, welches AG einen Direktor und welches einen Präsidenten habe, und ob zwischen beiden ein Unterschied bestehe.
Insgesamt war die Prüfung trotz der o.g. Themen recht angenehm. Ich würde Euch empfehlen, Euch mit der Stellung eines LG-Präsidenten auseinanderzusetzen. Anzumerken ist auch, dass der Kandidat mit dem besten Ergebnis im Gespräch bei Herrn B. kaum noch etwas gefragt wurde. Es schien so, als sollte den weiteren Kandidaten die Möglichkeit gegeben werden, sich noch etwas nach oben zu arbeiten.
Viel Erfolg!
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