Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW im Januar 2018

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Januar 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 84 1 1 1 1
Aktenvortrag 11 1 1 1 1
Prüfungsgespräch 14 1 1 1 1
Endnote 11,5 5,5 7,8 9,9 7,8
Endnote (1. Examen) 13,99

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Aktuelle Fälle aus dem Senat beim BVerwG

Paragraphen: §17 NatSchG

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, Intensivbefragung Einzelner,  verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Prüferin stellte folgenden Fall (es sollte nicht unbedingt mitgeschrieben werden; mit haben ein paar Stichpunkte gereicht): L ist Landwirt. Es ergeht ein Flurbereinigungsbeschluss, von dem auch sein Land betroffen ist. Auf seinem Land findet ein Ortstermin Stadt mit der zuständigen Flurbereinigungsbehörde (die Bezirksregierung) und der zuständigen Naturschutzbehörde (der Gemeinde). Es wird vereinbart, dass L einen alten schimmelbefallenen Baum fällen darf. Dies tut L. Später stellt die Naturschutzbehörde fest, dass neben dem Baum noch weitere Sträucher entfernt wurden. Sie gibt L per Bescheid auf, eine Ersatzbepflanzung im Verhältnis 1:3 zu tätigen.
Frage 1: Muss L den Bescheid befolgen? Frage 2: Was kann L tun?
Sodann teilte die Prüferin ein Blatt mit Normen aus:
§ 34 FlBerG
§ 17 BNatSchG
§ irgendwas einer Umsetzungsverordnung bzgl. unionsrechtlicher Flächen…irgendwas
Wir sollten zunächst nur die Überschriften der Normen lesen.
F: Was sind das für Normen?
A: § 34 FBerG ist ein Gesetz im formellen Sinn. Ebenso § 17 BNatSchG. Die letzte Norm ist eine Rechtsverordnung.
F: Was ist eine Rechtsverordnung?
A: Eine abstrakt-generelle Regelung der Exekutive aufgrund einer Verordnung-Ermächtigung. Diese ist in Art. 80 GG geregelt Danach muss die VO-Ermächtigung Inhalt, Zweck und Ausmaß der VO regeln („Schranken-Trias“).
F: Was gibt es noch für Regelungstechniken? A: Satzungen.
F: Was gibt es für Regelungstechniken auf Unionsebene? A: Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse.
F: Was ist der Unterschied zwischen Verordnung und Richtlinie?
A: (hier wollte sie es ganz genau hören; die Kandidatin meinte das richtige, hat es aber ihrer Meinung nach nicht präzise genug abgegrenzt) Verordnung ist ohne nationalen Umsetzungsakt unmittel geltendes Recht. Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten adressiert und bedarf der Umsetzung durch des nationalen Gesetzgeber.
F: Wer erlässt in Deutschland die Gesetze?
A: Bundestag unter Mitwirkung des Bundesrats.
F: Was für Gesetzgebungskompetenzen gibt es?
A: Ausschließliche und konkurrierende. Erstere: NUR der Bund darf von Kompetenztitel Gebrauch machen. Letztere: Die Ländern dürfen, solange und soweit der Bund keinen Gebrauch gemacht hat.
F: Schauen sie in Art. 72 Abs. 3 GG. Was ist das für eine Gesetzgebungskompetenz?
A: Abweichungsgesetzgebungskompetenz zugunsten der Länder infolge der Föderalismusreform.
Das gibt es, damit die Länder in ihrem Gebiet flexibel und bedürfnisorientiert reagieren können. Nachteil: Art. 72 Ans. 3 S. 2 GG: Hin- und Her von Bundes und Landesrecht.
F: Muss L den Bescheid befolgen?
A: Ja! Unabhängig davon, ob er rechtmäßig oder rechtswidrig ist, ist er als VA rechtswirksam. L kann sich nur mit der aufschiebenden Wirkung einer AK behelfen, wenn dieser nicht die aW fehlt gem. § 80 II VwGO. Dies ist nur der Fall, wenn …
F: Wann ist die AK zulässig?
A: … (wie immer)
F: Wann ist die AK begründet? (Schöner Obersatz bitte)
A: Soweit der VA rechtswidrig und der Kläger in seinen Rechten verletzt ist.
F: Die Naturschutzbehörde stützt den Bescheid auf 34 BNatSchG. Prüfen Sie!
A: Ermächtigungsgrundlage ist § 34 FlBerG (hier wollte Sie nicht darauf eingehen, dass das Gericht auch eine andere EGL heranziehen kann, auf die die Behörde nicht abgestellt hat… wir sprachen ist an). Formelle RMK: Zuständigkeit, Verfahren, Form. Hier Problem: Zuständigkeit. Die Naturschutzbehörde ist gerade nicht die zuständige Flurbereinigungsbehörde.
F: Kann man das heilen? Ist das beachtlich?
A: Heilung gem. § 45 VwVfG (-), weil Zuständigkeit nicht benannt. Unbeachtlichkeit gem. § 46 VwVfG (-), weil nur bei örtlicher Unzuständigkeit, nicht bei sachlicher.
F: Wie lautet dann das Urteil?
A: Der Bescheid wird aufgehoben.
F: Was wird in so einem Fall in der Praxis passieren?
A: (hier wurde es etwas wüst, weil wir Dinge schon gesagt hatten, die sie wohl nicht mitbekommen hat) Das Gericht erteilt Hinweis, dass es von RWK des VA ausgeht. Dann wird die Behörde den VA aufheben und es kommt wohl zu übereinstimmender Erledigungserklärung. Dann erlässt das Gericht Beschluss gem. § 161 II VwGO und entscheidet Angesichts Sach- und Streitstand nach billigem Ermessen über die Kosten, hier wohl zulasten der Behörde.
Viel Erfolg!