Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW Januar 2016

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Orginal-Mitschrift aus dem Zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW vom Januar 2016. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen:  Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4 5
Vorpunkte 44,2
Aktenvortrag 13 7 3 11 10
Prüfungsgespräch 14 12 8 12 11
Endnote 9,92 8,2 5,02 9,05 7,3
Endnote (1. Examen) 10,17

Zur Sache:

Prüfungsstoff: 

Prüfungsthemen: Vollstreckungsbescheid, Einspruch, Zustellung, Wiedereinsetzung, Vollstreckungsabwehrklage

Paragraphen: §694 ZPO, §700 ZPO, §181 ZPO, §233 ZPO, §796 ZPO

Prüfungsgespräch:  Frage-Antwort, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen

Prüfungsgespräch:

Folgenden Sachverhalt aus Anwaltssicht:
Der Mandant (M) wurde gestern (20.01.2016) vom Gerichtsvollzieher aufgesucht. Dieser pfändete aufgrund eines Vollstreckungsbescheids aus Mai 2014 über 3.000,- € ein Rennrad bei M. Dieses Rad hatte M selbst nur ausgeliehen von seinem Freund F, der sich momentan im Ausland befinde. M mutmaßt, dieser Vollstreckungsbescheid könne etwas mit seiner mittlerweile aufgegebenen Geschäftstätigkeit zu tun haben. Er habe bis Februar 2014 ein Ladenlokal betrieben, das er dann aufgegeben und an einen Nachfolger veräußert habe. Danach habe er sich für 6 Monate in Kanada aufgehalten. An seiner Wohnung habe er keinen Briefkasten, die Post würde ihm entweder persönlich übergeben oder unterm Türschlitz durchgeschoben. Als er damals von seinem Kanada-Aufenthalt wiedergekommen sei, habe er im Poststapel keinen Brief vom Gericht oder Ähnliches gefunden.

Der Prüfer gab sodann die Möglichkeit, nachfragen zum Sachverhalt zu stellen, begann dann mit der Frage, wogegen sich der M zur Wehr setzen könne. Zunächst wurde der Vollstreckungsbescheid erwähnt, gegen den möglicherweise Einspruch (§§ 700 I; 338 ZPO) und Vollstreckungsabwehrklage (§§ 794 I Nr. 4, 795 1, 767 I ZPO) Erfolg verspricht. Sodann wurde erwähnt, dass man auch gegen die Pfändung vorgehen könne (Erinnerung, § 766 I ZPO; Drittwiderspruchsklage des F, § 771 ZPO) und dass wegen der bevorstehenden Verwertung des gepfändeten Rennrads einstweilige Anordnungen zu erwägen sind (§§ 766 I 2, 732 II, 771 III, 769 ZPO). Zufrieden war der Prüfer erst, als die – eher fernliegende – Erwägung geäußert wurde, den Mahnbescheid anzugreifen, der dem Vollstreckungsbescheid zugrunde liegt. Dies leitete über zu der Frage, womit man einen Mahnbescheid angreifen könne (Widerspruch, § 694 I ZPO) und wie lange (solange der Vollstreckungsbescheid nicht verfügt ist, § 694 I ZPO).

Sodann konzentrierten wir uns zunächst auf den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid, vor allem die Einspruchsfrist (§§ 700 I, 339 I ZPO), die mit Zustellung des Vollstreckungsbescheids beginnt. Auf die Frage, was genau Zustellung bedeute (förmliche Bekanntgabe, § 166 I ZPO), folgten längere Erörterungen, ob diese denn erfolgt sei. Dazu bedürfe es zusätzlicher Informationen, die der M nicht habe. Daher solle man sich an den Gerichtsvollzieher und den Vollstreckungsgläubiger halten. Wir erfuhren sodann, dass auf der Zustellungsurkunde der 10.10.2014 als Zustellungszeitpunkt vermerkt sei und als Zustellungsart „Niederlegung“. Dies führte uns zu § 181 ZPO, der durchgeprüft wurde. Eine Ersatzzustellung war danach grundsätzlich möglich; ob sie tatsächlich erfolgt ist, sei zwar unklar, die durch die Zustellungsurkunde begründete Vermutung (§§ 182, 418 ZPO) werde man aber wohl nicht erschüttern können. Es ist daher davon auszugehen, dass der Vollstreckungsbescheid dem M am 10.10.2014 zugestellt wurde und die Einspruchsfrist damit heute (21.01.2016) längst abgelaufen war. Die zunächst angedachte Wiedereinsetzung (§§ 233 ff. ZPO) wurde zur Zufriedenheit vom Prüfer damit verworfen, dass diese unabhängig vom Verschulden des M nach Ablauf eines Jahres nach Fristende nicht mehr möglich ist (§ 234 III ZPO).

Schließlich kamen wir über die Vollstreckungsabwehrklage ((§§ 794 I Nr. 4, 795 1, 767 I ZPO) zunächst zu den allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung und auf die Besonderheit zu sprechen, dass ein Vollstreckungsbescheid grundsätzlich keiner Klausel bedarf (§ 796 I ZPO). Am Ende erhielt jeder Kandidat die Möglichkeit, zu den Erfolgsaussichten der Vollstreckungsabwehrklage Stellung zu nehmen. Diese sollten unter Verweis auf die Präklusion (§ 796 II ZPO) verneint werden.

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