Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – NRW vom August 2022

Prüfungsthemen: Zivilrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

8,87

Gesamtnote 1. Examen

9,98

Gesamtnote 2. Examen

9,05

Zur Sache:

Prüfungsstoff: protokollfest

Prüfungsthemen: Mietrecht – Fitnessstudiovertrag – Kündigung

Paragraphen: §29 ZPO, §535 BGB, §537 BGB, §543 BGB, §812 BGB

Prüfungsgespräch: hält Reihenfolge ein

Prüfungsgespräch:

Der Prüfer schilderte uns einen Fall aus dem Zivilrecht. Die B-GmbH mit Sitz in Düsseldorf betreibt ein Fitnessstudio in Ratingen. K meldete sich dort an und unterschreibt einen „Mitgliedschaftsvertrag“ für die Dauer von 12 Monaten, der durch den Vertretungsberechtigten Mitarbeiter V der GmbH unterzeichnet wurde. Der Nutzungsbetrag lag bei 60 Euro pro Monat, wobei bei Zahlungen im Voraus nur 11 Raten zu zahlen waren. Dies tat die K und zahlte 660 Euro. Nach einigen Monaten nach ging die K zu einem Orthopäden wegen eines Rückenleidens. Der Arzt attestierte ihr sodann, dass ein Training aufgrund der Beschwerden nicht weiter möglich sei. Die K kündigt sodann außerordentlich, welche durch die GmbH zurückgewiesen wird. Die K erhebt sodann Klage beim AG Ratingen. Wir sind Anwalt der Beklagten. Was sollen wir tun? Er prüfte stets von links nach rechts. Wir begannen kurz darauf ein, dass in der Frist des § 276 die Verteidigung anzuzeigen sei und sodann die Klageerwiderung erfolgen sollte, wenn dies erfolgsversprechend ist. Wir gingen kurz auf die sachliche Zulässigkeit des AG nach § 23 GVG ein und sollten sodann prüfen, woraus sich die örtliche Zuständigkeit ergibt. Wir prüften zunächst § 29 ZPO, wobei es ihm auch auf den § 269 BGB ankam. Als weitere Gerichtsstand kam sodann § 17 ZPO in Betracht (Ort der Niederlassung) und wir prüften dies genauer, gingen kurz auf § 6 HGB ein (es handelt sich um einen Formkaufmann und damit um ein Gewerbe) und prüften, ob es sich um eine Niederlassung handelte, was wir bejahten. Er erwähnte sodann kur §§50, 51 ZPO und §§ 13, 35 GmbHG. Anschließend kamen wir zur Einordnung des Vertragstyps. Fitnessstudiovertrag ist im Schwerpunkt Mietvertrag. Welche AGG kommt in Betracht?
Die Kollegin kam nicht direkt auf § 812 I S.1 Alt.1 BGB, was für ihn nicht schlimm war. Da ein Rechtsgrund vorliegt lehnten wir diesen ab. Anschließend prüften wir § 812 I S. 2 Alt. 2 („später wegfällt“). Hier war der Schwerpunkt, ob die K wirksam außerordentlich kündigen kann. Wir gingen die Normen des § 543 BGB durch und kamen letztlich zur Generalklausel nach § 543 I S.1 BGB. Hier war ihm wie beim Aktenvortrag wichtig zu argumentieren. Mit dem Stichwort „Risikosphäre“ (mal wieder die Wurst von Kaiser) lehnten wir einen wichtigen Grund auch unter Berücksichtigung von der Wertung des § 537 BGB ab. Anschließend erfolgte eine kurze Abwandlung. Was passiert, wenn sie die Verletzung erst beim Trainieren erleidet. Auch hier war ihm das Ergebnis (BGH: in diesem Fall außerordentlicher Kündigungsgrund +) egal, es ging ihm erneut nur um die Argumentation (Thema: „lässt sich hören“). Wir prüften ob andere Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen – Nein. Insbesondere nicht § 313 BGB. Zuletzt fragte er, wie es denn im Falle von Corona und einer behördlichen Schließungsanordnung aussehen würde. Es liegt Unmöglichkeit § 275 BGB vor weshalb auch die Gegenleistung nach § 626 BGB nicht zu erbringen ist. Kann man denn die Zeit hinten anhängen an den Vertrag (BGH-Rechtsprechung zu Fitnessstudiobeiträgen)? Nein, wieder Argumentation gefragt. Schutzbedürftigkeit des Kunden der womöglich umzieht etc. also kein § 313. Auch wenn ihr die Fragen nicht direkt beantworten könnt oder nach einer Norm suchen müsst, ist das egal. Ruhig bleiben und notfalls laut denken und blättern. Damit hat er gar kein Problem. Bald habt ihr es geschafft.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im August 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.