Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Endpunkte |
5,6 |
Endnote |
6,99 |
Endnote 1. Examen |
6,55 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: protokollfest
Prüfungsthemen: Raub, Beschlagnahme, Wahlfeststellung
Paragraphen: §249 StGB, §150 StPO, §94 StPO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort-Diskussion, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar
Prüfungsgespräch:
B erwarb von G eine Statue für 120 Euro, von der er glaubte sie sei ein Original. In der Folge erfuhr er, dass es sich um eine Fälschung handelte. Er wollte Rache nehmen. Er lauerte dem G auf drückte ihn gegen sein Auto und schlug ihm mit einem Schlagring gegen den Kopf. Bei der Rangelei fiel G’s Geldbeutel zu Boden. B sah dies nicht. Schließlich kann G sich losreißen und rannte in einen Hauseingang. B stellte ihn dort und verlangte den Geldbeutel des B heraus. G sagte ihm der Geldbeutel liege dort am Boden. B nahm sich den Geldbeutel und fuhr davon. Wie erwartet befanden sich in dem Geldbeutel mehr als 120 Euro. Wir sollten den Fall aus staatsanwaltlicher Sicht bearbeiten. Zunächst haben wir den hinreichend Tatverdacht definiert. Dann ging es um die Abgrenzung zwischen Raub und räuberischer Erpressung. Sie wollte hierzu sowohl die Rechtsprechung als auch die Literatur ausgeführt haben. Es handelte sich hier nach der Rechtsprechung um Raub. Gewalt lag nicht vor, jedoch wirkte der Schlag gegen den Kopf als Drohung mit weiterer Gewalt fort. Eine Finalverknüpfung besteht. Der Schlagring ist eine Waffe. Dazu wollte sie sowohl die Definition der Waffe hören als auch einen Verweis auf das Waffen Gesetz, welches allerdings nicht geprüft werden musste. Im subjektiven Tatbestand war nochmals hervorzuheben, dass B Vorsatz bezüglich der Fortwirkung seiner Gewalt als Drohung hatte. Bei der Frage nach der rechtswidrigen Bereicherungsabsicht, war herauszuarbeiten, dass der B möglicherweise einen Anspruch auf die 120 Euro haben könnte, aber jedenfalls keinen Anspruch auf das weitere Geld. In diesem Zusammenhang haben wir kurz über Zivilrechtliche Ansprüche auf Geld gesprochen und haben Anspruchsnormen aufgezahlt. Wir sprachen über verbotene Eigenmacht und Anspruch aus Eigentum nur wegen bestimmter Geldscheine etc. Wir fragten uns auch wie es bei einem Diebstahl bewertet würde. Nach der Rechtsprechung könnte in so einem Fall ein Erlaubnisirrtum vorliegen. Im Endeffekt haben wir den hinreichenden Tatverdacht bzgl. Des besonders schweren Raubes bejaht. §§ 223, 224 haben wir in einem Satz abgehandelt. Wir haben dann noch anderen Tatbestände z.B. Nötigung, Diebstahl mit Waffen und einen Verstoß gegen § 52 Waffen Gesetz aufgeworfen, aber nicht näher betrachtet. Bei der Frage nach den Konkurrenzen haben wir diskutiert, ob in dem Vorsatzwechsel eine Zäsur liegt. Wir kamen aber schlussendlich zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Fortwirkung der Gewalt Tateinheit vorliegt. Die Prüferin ergänzte den Fall dann: Ein Nachbar des G rief die Polizei und Beschrieb B und dessen Auto. Die Polizei fand wenig später den B an seinem Auto. B war an seinem Handy zugange. Als er die Beamten sieht, rennt er weg und lässt sein Handy fallen. Die Beamten können ihn stellen und nehmen sein Handy gegen seinen Protest. Sie sehen eine Nachricht des A „Gute Aktion. Der hatte es verdient und cool das du den Geldbeutel hast.“ Um 20:45 Uhr kontaktiert die StA den richterlichen Eildienst. Der junge Richter erbittet einen Vermerk zu dem Vorfall. Die StA liefert diesen um 21:15 Uhr, der Eildienst endete um 21:00 Uhr. Daher ordnet die Staatsanwaltschaft selbst die Beschlagnahme des Handys an. Es handelt sich hierbei um eine Beschlagnahme nach § 94 StPO. Daran anknüpfend haben wir Anfangsverdacht, hinreichenden Tatverdacht und dringenden Tatverdacht definiert die entsprechenden Normen nennen müssen und wann man welchen Verdachtsgrad braucht. Bei dem Handy handelt es sich um einen tauglichen Gegenstand. Ein Verbot nach § 97 StPO besteht nicht. Es kommt auch nicht darauf an ob Alex ein eigenes Zeugnisverweigerungsrecht hat. Es gibt kein selbständiges Beweisverbot und auch eine Abwägung der Interessen (Katalogtat, Rechtskreis, Privatsphäre) führt zu keinem anderen Ergebnis. Dann fragten wir uns, ob die StA, statt eines Richters anordnen konnte. Dies ist möglich, nach § 98 II StPO soll eine gerichtliche Bestätigung eingeholt werden. Dann haben wir erörtert, wie die SMS in den Prozess eingeführt werden kann: z.B. Verlesen nach § 249 StPO. Dann haben wir kurz abstrakt über die Voraussetzungen eines Haftbefehls gesprochen. Im Ergebnis haben wir wegen der Mindeststrafe von 5 Jahren nach § 74 GVG am LG Düsseldorf angeklagt. Zum Schluss kam noch ein kleiner Fall: B bestellte entweder persönlich Waren im Wert von 2000 Euro bei G oder er veranlasste einen genau instruierten, unbekannten Dritten dies zu tun. Die Bestellung erfolgte unter einem Alias, B war bewusst, dass das angegebene Konto leer war. Gutgläubig veranlasste G die Lieferung. Wir haben zunächst den täterschaftlichen Betrug geprüft, dann die Anstiftung zum Betrug. Entsprechend gelangten wir dann zu den Voraussetzungen der Wahlfeststellung. Im Kern ging es um die Frage, ob Täterschaft und Anstiftung stufengleich sind. Da der Anstifter gleich dem Täter bestraft wird haben wir dies schlussendlich bejaht. Dieses Protokoll mag sehr umfangreich erscheinen, aber da sie zumindest den ersten Fall zuvor schon abgeprüft hatte, ging diese Prüfung schnell vorbei. Viel Erfolg!
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Februar 2024. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.