Prüfungsthemen: Zivilrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat |
1 |
Note staatl. Teil 1. Examen |
9,0 |
Gesamtnote 1. Examen |
10,05 |
Gesamtnote 2. Examen |
7,55 |
Prüfungsgespräch:
Zum Einstieg schilderte der Prüfer einen Sachverhalt. Es ging um einen Verkehrsunfall, der Beklagte zu 1) (so nannte er die Parteien bereits) hatte die Vorfahrt nicht geachtet und war mit dem Kläger kollidiert. Das Fahrzeug des Klägers war am Kotflügel beschädigt. Beklagte zu 2) war eine Versicherung. Zunächst fragte er nach möglichen Anspruchsgrundlagen: §§ 7, 18 StVG (i.V.m. § 1 Pflichtversicherungsgesetz, § 115 VVG), § 823 I, § 823 II. Die Prüfung begann mit der Halterhaftung nach § 7 StVG. Er fragte nach dem Charakter dieser Haftung (Gefährdungshaftung) und wollte insbesondere das Schlagwort „Vertreten müssen“ hören. Der Begriff „Betrieb“ sollte definiert werden, war hier allerdings nicht problematisch. Im Prinzip wurde chronologisch die Halterhaftung durchgeprüft, detailliert wurde sodann der § 17 StVG geprüft. Dort war es wichtig, die Anwendbarkeit des § 17 StVG zunächst zu erörtern und dann korrekt durchzuprüfen. Hier wurde dann auch die Betriebsgefahr aufgefasst und erörtert, welche Verkehrsverstöße hier wohl vorliegen könnten. Wir sollten dann annehmen, dass ein Titel gegen den Beklagten vorliege. Der Prüfer wollte dann wissen, auf welcher Grundlage der Beklagte zu 1) einen Ausgleich einer etwaigen Zahlung an den Kläger verlangen kann (Versicherungsvertrag). Dieser Anspruch könnte durch den Kläger auch gepfändet werden. Kurz wurden die ZV-Voraussetzungen angerissen, insbesondere fragte der Prüfer nach der Bedeutung und Eigenschaft einer Vollstreckungsklausel. Es ging weiterhin um die Problematik des Anerkenntnisses, wenn Veranlassung zur Klage gegeben wurde, § 93 ZPO. Ein Mahnverfahren gegen die Beklagten war abzulehnen, da bei einer Nichtzahlung der Versicherung auch von einem Widerspruch im Mahnverfahren auszugehen sei. Sodann ging es um die Zuständigkeit des Gerichts im Falle einer Leistungsklage, hier wurde insbesondere detaillierter über §32 ZPO und § 20 StVG gesprochen. Der Sachverhalt wurde weitergesponnen: Der Kläger hatte ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Darin wurden Reparaturkosten i.h.v. 7500 € + 19 % Umsatzsteuer (1425 €) angegeben. Der Wiederbeschaffungswert wurde auf 10.000 € beziffert plus 19 % Umsatzsteuer. Der Restwert des Kfz betrug 4900 €. Nun ging es um den Begriff des Wiederbeschaffungsaufwandes, der Wirtschaftlichkeit, der Schadensminderungspflicht usw. Er stieg tief in das Schadensrecht ein. Dann ging es um den Punkt der „angefallenen“ Umsatzsteuer nach § 249 II S. 2 BGB. Der Sachverhalt wird wieder weitergeführt: Der Kläger möchte nun den Wagen behalten. Was ist die Grenze des Wirtschaftlichkeitsgebots, wenn Reparatur deutlich mehr kostet als Wiederbeschaffung? -> Integritätszuschlag von 130 %, Stichwort wirtschaftlicher Totalschaden. Dann sollte der Begriff des merkantilen Minderwerts definiert werden. Erneut neue Details zum Fall: Bei der Reparatur lassen sich Bauteile nicht lösen, dabei werden Teile der Karosserie zerstört und die 130% Mehrkosten überschritten. Darf der Beklagte den Kostenersatz verweigern? Hier wurde es etwas unübersichtlich. Er wollte dann den Unterschied zwischen Aufwendung und Schaden definiert bekommen. Fraglich war, ob der Kläger zur Reparatur aufgefordert wurde – ob er die Reparatur für erforderlich halten durfte. Es kommt auf den Zeitpunkt der Vornahme der Reparatur, bzw. des Vertragsschlusses nach § 631 BGB an. Nun die Abwandlung, dass der Kläger den Wagen nicht reparieren lässt und ein Neufahrzeug iHv 25.000 € bestellt. Es bestehen 60 Tage Lieferzeit – kann er einen Nutzungsausfall geltend machen? Hier sind wir dann auf die Schwacke-Liste gekommen und wonach sich die Höhe des Ersatzes richtet. Es folgte noch eine allgemeine Frage zur Darlegungs- und Beweislast und zur Bedeutung des § 287 ZPO. Viel Erfolg!
Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in NRW im Juni 2023. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.