Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz im Mai 2017

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im Mai 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Strafrecht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1
Vorpunkte 5,5
Aktenvortrag 6
Prüfungsgespräch 9
Wahlfach 9
Endnote 6,55
Endnote (1. Examen) 7,23

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Strafbefehlsverfahren, Diebstahl, Betrug, Untreue, Unterschlagung

Paragraphen: §410 StPO, §411 StPO, §242 StGB, §263 StGB, §266 StGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Zunächst ist festzustellen, dass der Prüfer vom Landgericht nicht protokollfest ist. In unserer Prüfung kam ein Fall und eine Thematik dran, die von ihm bis jetzt noch nicht geprüft worden ist.
Zu Beginn der Prüfung teilte er einen Sachverhalt aus, der nach meinen Erinnerungen wie folgt lautet: „Der Justizsekretär wurde von der Polizei angewiesen, Gelder, die aus einem Drogenhandel stammen, in die Kasse einzuzahlen. Dies tat der Justizsekretär nicht und behielt dieses für sich. Einmal 6.000,- € und einmal 8.000,- €.
Im Rahmen des Strafbefehl Verfahrens wurde der Justizsekretär wegen Verfahrungsbruch zu 60 Tagessätzen á 20,00 € bestraft. Der Justizsekretär kommt nun in die Kanzlei des Anwaltes und möchte gerne von Ihm beraten werden, welche Möglichkeiten es gibt, gegen diesen Strafbefehl vorzugehen und ob dies in hiesigem Fall auch sinnvoll ist.“
Zunächst wurde festgestellt, dass der Strafbefehl mit einem Einspruch nach § 410 StPO angegriffen werden kann, sodass in die Hauptverhandlung eingestiegen wird. Danach wurde festgestellt, dass auch ein Risiko besteht, hier einen Einspruch einzulegen, denn nach § 411 Abs. 4 StPO ist das Gericht an den Strafbefehl enthaltenen Ausspruch nicht gebunden, soweit Einspruch eingelegt wird.
Es wurde dann ins materielle Recht eingestiegen und zunächst gesammelt, welche Strafnormen hier ebenfalls verletzt sein könnten. Es wurde dann festgestellt, dass hier nach § 242 ein Diebstahl, nach § 263 ein Betrug, nach § 246 eine Unterschlagung und letztlich nach § 266 eine Untreue in Betracht kommen könnten. Sodann wurde in die Prüfung der einzelnen Tatbestände eingetreten.
Zunächst wurde ein Betrug nach § 263 geprüft. Es wurde festgestellt, dass im hiesigen Fall keine Täuschung über Tatsachen vorliegt und deshalb der Betrugstatbestand ausscheidet.
Als nächstes wurde ein Diebstahl nach § 242 geprüft. Problematisch war hier eine Wegnahme. Es wurde noch an geprüft, ob diese vielleicht darin liegen könnte, dass hier ein höherer Gewahrsam des Dienstherrn ggf. gebrochen werden könnte, was aber verneint wurde, sodass auch der Diebstahl mangels Wegnahme ausschied.
Sodann wurde in die ausführliche Prüfung des § 266 eingestiegen. Es wurde zunächst die Norm erläutert. Es sollte darauf eingegangen werden, welche Alternativen im § 266 in Betracht kommen.
Da haben wir § 266 Abs. 1 Variante 1: der Missbrauchstatbestand und die Variante 2: der Treuebruchs Tatbestand. Danach wurde festgestellt, dass in beiden Alternativen eine Vermögensbetreuungspflicht gegeben sein müsste und darüber hinaus wurde darauf eingegangen, welche Anforderungen der BGH im Bereich des Treuebruchs Tatbestands also § 266 Abs. 1 Variante 2 anstellt, um die Norm einzuschränken. Eine Vermögensbetreuungspflicht ist dann zu verneinen, wenn kein Ermessensspielraum gegeben ist, keine Selbstständigkeit und eine Kontrolle erfolgt. Insgesamt wurde der Tatbestand verneint und es wurde dann noch hier auf § 263 Abs. 3 Nr. 4 eingegangen. Der Justizbeschäftigte ist nach § 11 ein Amtsträger, sodass der Strafrahmen erheblich erhöht gewesen wäre.
Sodann wurde in die Prüfung der Unterschlagung nach § 246 eingetreten. Auch hier wurde die Variante geprüft, da hier ggf. ein Anvertrauen gegeben sein könnte. Es wurde dann noch darauf eingegangen, wie der Verwahrungsbruch nach § 133 im Verhältnis zu § 246 steht. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt es sich um zwei unterschiedliche Delikte, sodass Idealkonkurrenz gegeben ist.
Im Anschluss an die Prüfung der materiellen Tatbestände wurde dann noch frei erörtert, ob hier ggf. der Einspruch beschränkt werden kann. Danach wollte er wissen, was vom Richter passieren muss, wenn quasi keine Beschränkung erfolgt. Er wollte darauf hinaus, dass ein richterlicher Hinweis nach § 265 erfolgen muss.
Im Anschluss daran wollte er wissen, ob der Einspruch auch zurückgenommen werden kann und bis zu welchem Zeitpunkt. Eingegangen wurde dabei auf die Vorschrift des § 411 Abs. 3, sodass der Einspruch nach dieser Norm bis zur Verkündung des Urteils im ersten Rechtszug zurückgenommen werden könne. Allerdings ist die Vorschrift des § 303 StPO zu beachten, sodass die Zurücknahme nach Beginn der Hauptverhandlung nur mit der Zustimmung des Gegners erfolgen kann. Das heißt hier mit der Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
Abschließend wollte er noch wissen, ob Gestik und Mimik des Angeklagten in die Entscheidungsfindung einfließen können. Das heißt, ob z. B. gewürdigt werden kann, dass jemand ganz rot angelaufen ist. Es wurde dann letztlich auf den nemo te netur-Grundsatz abgestellt.