Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Rheinland-Pfalz November 2015

Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Rheinland-Pfalz im November 2015. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat 1 2 3 4
Vorpunkte 8,175 6, 24 5 5,5
Zivilrecht 7 6 11 8
Strafrecht 10 10 12 9
Öffentliches Recht 8 6 11 10
Aktenvortrag 8 6 11 10
Endnote 8,19 6,53 6,86 7,09

Zur Sache:

Prüfungsstoff: aktuelle Fälle

Prüfungsthemen: Kaufrecht, Minderjährigenrecht, gutgläubiger Eigentumserwerb, Erbecht, einstweiliger Rechtsschutz, gesetzlicher Eigentumserwerb

Paragraphen: §280 BGB, §110 BGB, §958 BGB

Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, hart am Fall

Prüfungsgespräch:

Frau Prüferin startete zunächst mit zwei aktuellen Fällen.

Als erstes sollten wir uns vorstellen, wir seien Anwalt und zu uns käme ein Mandant, der vor 22 Monaten ein Auto von VW gekauft habe, das von dem Abgasskandal betroffen. Was könne man machen?

Ich führte zunächst aus, dass hier ein Sachmangel vorliegen könnte und dementsprechend Nachbesserungsansprüche bestehen könnten. Ich sagte sodann, dass man die grundsätzlich nur zweijährige Verjährung nach § 438 BGB beachten müsse. Frage: Was kann man tun? Zunächst VW anschreiben und Nachbesserung verlangen. Was wenn VW sich weigert? Ich sagte, dass man dann Klage erheben könnte. Sie fragte was das bringe. Ich meinte, dass das die Verjährung hemme, nach § 204 BGB. Sie fragte, ob ich da sicher sei. Als ich meinte ja, ließ sie das kommentarlos stehen und bildete einen weiteren Fall. Keine Ahnung, was sie hier hören wollte.

Der zweite Fall befasste sich mit eines sechsstelligen Darlehens, dass die Eltern im Namen ihrer minderjährigen Tochter aufgenommen haben. Frage: Geht das? Hier muss zunächst das Vormundschaftsgericht zustimmen, da der Vertrag sonst unwirksam ist. Frage: Was ist wenn die Eltern gleichzeitig gebürgt haben? Da die Bürgschaft streng akzessorisch zum Bestehen der Forderung ist, können auch die Eltern nicht in Anspruch genommen werden. Mehr wollte sie hier nicht hören.

Nächster Fall: Vater V ist tot und hinterlässt Vermögen in Form von Aktien und Pfandbriefen, die zusammen etwa 400T € wert sein dürften. Er hinterlässt seinen Sohn S und seine Frau M. In einem früheren Testament hat er die M zur Alleinerbin bestimmt. Das Testament hat er allerdings vor seinem Tod zerrissen. M hat das Testament wieder zusammengeklebt und sich die Aktien und Pfandbriefe geschnappt und steht jetzt mit gepackten Koffern am Flughafen und will nach Brasilien abhauen. Was kann S machen?

Hier war zunächst der einsweilige Rechtsschutz zu nennen. Nach Nennung der Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung startete ein Kanditat die Prüfung, ob S Erbe geworden ist (eigentlich hätte nach meinem Dafürhalten schon der Pflichtteilsanspruch des S für die Bejahung eines Verfügungsanspruches gereicht). Es ging dann darum, dass das Testament grundsätzlich frei widerruflich ist und wir kamen zu dem Ergebnis, dass M und S aufgrund der anzuwendenden gesetzlichen Erbfolge zu gleichen Teilen erben. Sie fragte mich, was gewesen wäre, wenn V selbst das Testament wieder zusammengeklebt hätte. Meine Antwort, dass dies als konkludentes neues Testament zu werten sei, war offenbar falsch. Sie klärte dies aber auch nicht auf. Zuletzt fragte sie noch, was man konkret machen könne, um M aufzuhalten. Hier war herauszuarbeiten, dass man vorerst wohl den ganzen Koffer sicherstellen müsste, da man nicht genau weiß, was dessen Inhalt ist und wieviel der Inhalt wert ist. Erst nach Aufklärung ären die Erlöse entsprechend auszukehren an M und S. Frage: Wer kann sicherstellen? Gerichtsvollzieher oder Sequestor (?).

Vorletzter Fall: B ist bediensteter eines Krematoriums und hat von seinem Arbeitgeber A die Anweisung, sofern er Zahngold in den eingelieferten Leichen finde, dieses in einen dafür vorgesehenen Tresor des A zu packen. B nimmt jedoch das Zahngold und verkauft es an Dritte. Welche Ansprüche hat der A?

Wir prüften zunächst §§ 611, 280 BGB und kamen im Rahmen des Schadens, dann zu der Frage, ob A hier überhaupt Eigentum an dem Gold verloren haben kann. Wir kamen auf den § 958 BGB zu sprechen, dieser scheiterte aber vorliegend an § 958 II BGB. Ein Kanditat gab den Hinweis, dass das BAG den Fall nach § 667 BGB auf Erlösauskehr löse. Hier wollte sie dann noch einmal hören, dass richtige Anspruchsgrundlage wohl § 667 iVm. § 280 BGB ist. Ganz klar wurde das allerdings nicht.

Der letzte Fall war dann ein aus den Akten bekannter Fall, den sie schon einmal geprüft hat:

E besitzt einen IPod. der 17-jährige M leiht sich diesen von E aus und verkauft und übergibt für 250 € an B. Was kann E machen?

Zunächst war festzustellen, dass ein Anspruch aus § 280 I BGB mangels Vorliegens eines Leihvertrags ausscheidet, da die Leihe für M wegen der Rückggabepflicht kein lediglich vorteilhaftes Rechtsgeschäft ist.

Dann kam die Frage auf, ob E von B Herausgabe aus § 985 BGB verlangen kann. Dann müsste er noch Eigentümer des IPods sein. Fraglich war, ob B gutgläubig von M Eigentum erworben hat. Hier war zunächst festzustellen, dass die Einigung für M ein neutrales Rechtsgeschäft darstellt, sodass die

Einigung wirksam war. Sodann war die Frage, ob sich der gute Glaube des B auch auf die Volljährigkeit des M beziehen muss. Dies wurde bejaht, da M aber schon 17 war und B ihn nur flüchtig kannte, durfte er von dessen Volljährigkeit ausgehen. Zuletzt wurde noch das Abhandenkommen nach § 935 BGB geprüft und herausgearbeitet, dass M den Besitz als Besitzmittler freiwillig weggegeben hat. Da es für das Abhandenkommen auf den M als unmittelbaren Besitzer ankommt, scheitert die Verfügung auch nicht an § 935 BGB.

Abschließend wurde dann noch § 816 BGB andiskutiert, dann war allerdings die Zeit schon vorbei. Eine insgesamt machbare Prüfung mit deutlichem Schwerpunkt im materiellen Recht, bei der allerdings nicht immer klar war, welche Ansprüche gerade zu prüfen waren.

Viel Erfolg!

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