Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Niedersachsen im September 2017. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer schilderte einen Fall, den er kürzlich in einer anderen Prüfung sehr ähnlich prüfte. F verlegt gerade Fliesen bei B. Das sieht der Schwager S. S spricht F an und lässt sich in Angebot erstellen, weil er die Fliesen auch gut findet. Beide einigen sich noch vor Ort. Wenige Monate später springen kleine Stücke von den Kanten der Fliesen ab. F möchte dies vom Lieferanten überprüfen lassen. S verlangt jedoch Werklohn aus ALLEN rechtlichen Gründen zurück, weil er die Fliesen insgesamt nicht mehr mag und sie schmutzempfindlich sind. Kann er Rückzahlung verlangen?
Zunächst wurde der Vertrag als Werkvertrag eingeordnet und gefragt, wie S Rückzahlung verlangen kann. Wir sind dann schnell ins Mängelrecht gesprungen und haben den Rücktritt angesprochen Diese wurde sodann bilderbuchartig geprüft. Schemata und Definitionen waren wichtig, aber in unserer Gruppe kaum ein Problem. Schnell war die Fristsetzung im RT ein Thema. Dort wurden sämtliche Ausnahmen von der Fristsetzung erwähnt und abgelehnt. Bis dahin verlief die Prüfung sehr schnell, was Herrn Kramarz freute. Dann ging es in das Herzstück der Prüfung. Nachdem festgestellt wurde, dass ein Nacherfüllungsrecht vorrangig wäre zum Rücktritt wurde nach weiteren Rechten gefragt. Genannt wurde das Widerrufsrecht nach den §§ 310 ff BGB. Der Anwendungsbereich wurde diskutiert und Ausnahmen nach § 310 II BGB gesucht. Da diese nicht vorlagen war ein Widerrufsrecht grds nach 313b BGB gegeben, sodass die Rechtsfolgen nach § 350 BGB zu prüfen waren. Herrn Kramarz kam es hier auf eine sehr genaue Prüfung an. Problematisch war in der Rechtsfolge dann die Frage nach der Wertersatzpflicht des S nach § 357 Abs. 7 , 8 , weil er ja die Fliesen nicht heile herausgeben kann (sie würden beim Ausbau wohl Schaden nehmen). Dies wurde abgelehnt weil Abs. 7 sich auf Waren ( = Kaufvertrag) bezieht und Absatz 8 auf Dienstleistungen ( Dienstvertrag). Diskutiert wurde ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, was abgelehnt wurde. Dann war die Prüfung vorbei, die insbesondere das Widerrufsrecht sehr intensiv prüfte.