Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Saarland im September 2018. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsgespräch:
Die Prüfung begann mit Fragen zum Instanzenzug (auch für Familiensachen) und zu den Senaten am Oberlandesgericht. Insbesondere wollte der Prüfer wissen, welche Arten von Senaten es gibt und wie die Besetzung ist. Wichtig ist ihm vor allem die Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern bei den Senaten für Baulandsachen und Landwirtschaftssachen (Besetzung mit Verwaltungsrichtern).
Anschließend diktierte uns der Prüfer folgenden kleinen Fall:
Anwalt legt Berufung beim unzuständigen Gericht ein, wird weitergeleitet an OLG, trifft dort aber zu spät ein.
Wir stellten fest, dass es sich bei der Berufungsfrist um eine Notfrist handelte und somit § 233 ZPO einschlägig ist. Wir nannten die Voraussetzugen: Antrag, Frist, unverschuldete Versäumnis. Zunächst war auf das Verschulden der Partei abzustellen, dann über § 85 Abs.2 auf das des Prozessvertreters. An dieser Stelle diskutierten wir, ob der den Anwalt ein Verschulden trifft und stellten fest, dass ein Anwalt das zuständige Berufungsgericht kennen muss. Der Prüfer fügte hinzu, dass der BGH bei Fachanwälten nochmals einen strengeren Maßstab anlegt. § 233 war somit abzulehnen.
Der Prüfer diktierte uns sodann einen weiteren Fall: fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung, Anwalt legt statt Berufung Beschwerde ein. Zuerst sprachen wir über eine mögliche Umdeutung, die wir jedoch aufgrund anwaltlicher Vertretung ablehnten. Dann kamen wir erneut zu § 233 ZPO. Wir stellten fest, dass es sich bei § 233 S. 2 ZPO um eine gesetzliche Vermutung handelt und dass die versäumte Prozesshandlung nachzuholen ist und die Tatsachen glaubhaft zu machen sind.
Schließlich kamen wir zum letzten Fall, der einige Tage zuvor bei dem Prüfer als Aktenvortrag gelaufen ist: K ist Mitglied in dem Fitnesstudio der B und nimmt an dem von der erfahrenen A geführten Training teil. Nach schweißtreibender Spinningeinheit führen die Teilnehmer Fitnessübungen neben den Geräten aus. K rutscht auf dem nassen Boden aus und bricht sich das Handgelenk. Sie macht 2500 € Schmerzensgeld geltend. Prozessual: es ergeht erst Mahnbescheid, dann Vollstreckungsbescheid, K leggt fristgerecht Einspruch ein, da sie jedoch nicht erscheint ergeht 2.VU. Sie sind Anwalt, was tun?
Wir stellten fest, dass das 2.VU in § 345 ZPO geregelt ist, kamen dann anschließend auf die Berufungsvorschrift § 514 Abs. 2 ZPO. Wir nannten die Voraussetzungen der Zulässigkeit und stellten fest, dass ausnahmsweise hier auch die Schlüssigkeit der Klage zu prüfen ist (vgl. § 700 Abs. 6 S. 1 ZPO). Dann prüften wir Zulässigkeit und Begründetheit der Klage. Wir stellten fest, dass es sich bei dem Fitnessvertrag um einen gemischten Vertrag handelt und nannten § 311 iVm §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB als Anspruchsgrundlage. Die Pflichtverletzung wurde länger diskutiert. Wichtig war das Schlagwort Verkehrssicherungspflicht (Gefahrenquelle eröffnet). Dabei kam es entscheidend auf die Zumutbarkeit und die Erkennbarkeit an. Es ist danach zu fragen, ob Schaden vermeidbar war (nach Kurs Vorkehrungen zumutbar, während eher nicht). Die Pflichtverletzung war demnach abzulehnen. Wir sprachen dann § 823 BGB im Rahmen der Ansprüche gegen die Fitnesstrainerin an, mussten aber auch hier feststellen, dass eine Verkehrssicherungspflicht ebenfalls abzulehnen ist. Viel Erfolg!