Bei dem nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Orginal-Mitschrift aus dem Zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Saarland vom November 2015. Das Protokoll stammt auf dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 | 3 | 4 |
Vorpunkte | 7,14 | 7,14 | 6,35 | 6,78 |
Aktenvortrag | 8 | 12 | 10 | 6 |
Prüfungsgespräch | 9,6 | 10,6 | 11,0 | 8,0 |
Endnote | 7,73 | 8,33 | 7,63 | 6,95 |
Endnote (1. Examen) | 8,56 |
Zur Sache:
Prüfungsstoff: aktuelle Fälle
Prüfungsthemen: Trunkenheit im Verkehr, Blutprobenentnahme, Verwertbarkeit nach Verstoß gegen Richtervorbehalt, Relative und absolute Fahruntüchtigkeit, Feststellung der Fahruntüchtigkeit bei Einnahme von THC.
Paragraphen: §316 StGB, §81a StPO, §140 StPO, §143 StPO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort, Intensivbefragung Einzelner, verfolgt Zwischenthemen
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer las uns zunächst einen aktuellen Artikel vor, den er Minuten zuvor im Internet gelesen hatte. Dabei ging es darum, dass die Pflichtverteidiger von Beate Zschäpe erneut beim Vorsitzenden um ihre Entlassung bitten wollten. Der Vorsitzende erteilte Ihnen jedoch nicht das Wort, sodass ein derartiger Antrag nicht gestellt werden konnte.
Wir sollten nun herausarbeiten, ob es denn eine gesetzliche Grundlage dafür gebe. Zunächst wurde dargelegt, dass es auf der einen Seite die Pflichtverteidigung und auf der anderen Seite die Verteidigung durch einen Wahlverteidiger gebe.
Dann wurde § 143 StPO genannt, der jedoch laut dem Prüfer eher den Fall meint, dass ein Wahlverteidiger einen Pflichtverteidiger ersetzt und somit auf diesen Fall nicht passt. So wurde dann festgestellt, dass es in der StPO keine gesetzliche Grundlage für die Rücknahme der Bestellung gibt.
Der Prüfer fragte, wann genau der Vorsitzende die Rücknahme der Bestellung anordnen könne.
Es wurde dargelegt, dass eine Rücknahme nur bei einem Zerwürfnis zwischen Mandantin und den Pflichtverteidigern angeordnet werden könne. Dies beruhe darauf, dass die effektive Verteidigung der Mandantin hier im Vordergrund stehe.
Dann wurde uns von dem Prüfer ein Fall ausgeteilt:
A wird nachts um 4.30 Uhr in Saarbrücken von der Polizei angehalten. A hat geweitete Pupillen, die nach Leuchten mit der Taschenlampe keine Reaktion aufweisen. Beim Aussteigen aus dem Auto muss er sich an der Tür festhalten. Zudem ist seine Aussprache verwaschen. A gibt auf Nachfrage der Polizeibeamten zu, dass er Drogen genommen habe und stimmt einer Blutprobenentnahme auf der Dienststelle zu. Nach Verbringen auf die Dienststelle versucht man einen Arzt zu erreichen. Ein solcher erscheint jedoch erst um 6 Uhr. Nun verweigert der A die Zustimmung zur Blutprobenentnahme. Polizeibeamter P ordnet die Entnahme trotzdem an. Im Blut des A wird eine Konzentration von 7,6 Mikrogramm/Liter des Wirkstoffes THC festgestellt.
Der Prüfer wollte nun wissen, wie ein Staatsanwalt in einem solchen Fall verfahren würde.
Zunächst wurde der materielle Teil herausgearbeitet. In Betracht kam Strafbarkeit des A nach § 316 StGB. Es wurde zunächst gefragt, wann jemand Fahruntüchtig ist. Es sollten die Werte der absoluten und der relativen Fahruntüchtigkeit erörtert werden. Hierbei legte Der Prüfer Wert darauf, dass man wusste, dass es sich bei der absoluten Fahruntüchtigkeit um eine Beweisregel handelt. Bei der relativen Fahruntüchtigkeit wollte er wissen, was mit Ausfallerscheinungen gemeint ist. Hier wollte er anscheinend die Begriffe der motorischen Störung und der eingeschränkten Reaktionsfähigkeit hören. Anschließend sollte festgestellt werden, dass es keine absolute Fahruntüchtigkeit bei anderen berauschenden Mitteln gibt. Der Prüfer wollte wissen, wie man die Fahruntüchtigkeit in einem solchen Fall begründet. Hier gebe es zunächst einen Richtwert ab 1 Mikrogramm/Liter. Daneben seien jedoch, wie bei der relativen Fahruntüchtigkeit noch weitere Ausfallerscheinungen erforderlich.
Im prozessualen Teil wurde erläutert, ob das Ergebnis der Blutprobenentnahme verwertbar ist.
Es wurde festgestellt, dass eine solche gemäß § 81a Abs. 2 StPO grundsätzlich unter einem Richtervorbehalt steht und eine Anordnung durch Polizeibeamte oder die Staatsanwaltschaft nur bei Gefahr im Verzug erfolgen dürfe. Hier sei jedoch gar nicht versucht worden einen Richter zu erreichen. Es sollten dann die Voraussetzungen der Gefahr im Verzug dargelegt werden. In diesem Zusammenhang wurde gefragt, wie es denn mit dem richterlichen Bereitschaftsdienst, insbesondere im Saarland, aussähe. Hier wurde von dem Prüfer insbesondere auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu diesem Problem verwiesen.
Dann wurde festgestellt, dass hier eine Gefahr im Verzug gerade nicht vorgelegen haben und somit gegen Beweiserhebungsvorschriften verstoßen wurde. Fraglich war also, ob hier ein Beweiserhebungsverbot ein Beweisverwertungsverbot nach sich zöge. Die entsprechenden Voraussetzungen wurden dargelegt und ein Verwertungsverbot bejaht. An dieser Stelle wandelte Der Prüfer den Fall leicht ab und prüfte ihn in Anlehnung an BVerfG, Beschl. v. 16.6.2015 – 2 BvR 2718/10, 1849/11 und 2808/11 (keine Eilzuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden mehr, wenn der Ermittlungsrichter mit der Sache befasst ist), nachzulesen in RÜ 9/2015, 588 ff.
Damit endete die Prüfung. Viel Erfolg!!!
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