Bei den nachfolgenden anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung im Saarland im Februar 2020. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.
Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.
Prüfungsthemen: Strafrecht
Vorpunkte der Kandidaten
Kandidat | 1 | 2 | 3 |
Vorpunkte | 63,75 | 63,75 | 54,75 |
Aktenvortrag | 5 | 5 | 3 |
Prüfungsgespräch | 6,5,8 | 6,7,8 | 4,7,8 |
Endnote | 6,01 | 6,15 | 5,21 |
Endnote (1. Examen) | 4,19 |
Zur Sache:
Prüfungsthemen: Betrug, Öffentlichkeitsfahndung, Wahlfeststellung
Paragraphen: §263 StGB, §131b StPO
Prüfungsgespräch: Frage-Antwort Diskussion, hält Reihenfolge ein, lässt Meldungen zu, Intensivbefragung Einzelner
Prüfungsgespräch:
Der Prüfer begann die Prüfung mit einer Anknüpfung an den Aktenvortrag. In diesem Zusammenhang sollte dargestellt werden, ob dieser zivilrechtliche Fall auch strafrechtliche Relevanz hat. Wir kamen dann schnell auf einen möglichen Betrug, und auch wenn nach dem Aktenvortrag wegen eines non liquet ein solcher nicht bewiesen werden konnte, sollten wir eine unterstellen, dass es tatsächlich zu der Tathandlung gekommen war.
Wir prüften im Rahmen des Betruges sodann detailliert den objektiven und subjektiven Tatbestand. Hier legte der Prüfer Wert auf eine genaue Einhaltung des Prüfungsaufbaus und auf genaue Begrifflichkeiten.
Sodann stellte der Prüfer daran anlehnend einen kleinen Fall: In der Fußgängerzone in München bittet jemand Passanten um Geld als Spende für die Freiwillige Feuerwehr. Tatsächlich soll das Geld aber nicht der Feuerwehr zugutekommen, sondern für eigene Zwecke verwendet werden. Da wir uns noch im Rahmen des Betruges bewegten, wollte der Prüfer wissen, ob in dem Fall ein Betrug bejaht werden kann. Dies bejahten wir recht schnell, wobei uns anfangs nicht ganz klar war, worauf der Prüfer hinauswollte. Wie sich dann aber zeigte, wollte er in diesem Zusammenhang insbesondere das Schlagwort „Zweckverfehlung“ hören.
Anschließend teilte der Prüfer noch einen Fall aus: Eine Frau wurde in einem Supermarkt angerempelt und sodann ihre Handtasche aus dem Einkaufswagen entwendet. Darin befand sich unter anderem auch die EC-Karte der Geschädigten. Ca. eine Stunde später wurde mit dieser EC-Karte ein Betrag in Höhe von 500 € vom Konto der Geschädigten abgehoben. An dem Geldautomaten wurde ein Lichtbild der möglichen Täterin gemacht. Auf Vorlage des Lichtbildes konnte die Geschädigte jedoch nicht sagen, ob es sich bei der Frau auch um die Person handelte, die ihre Handtasche entwendet hatte.
Der Prüfer wollte nun von uns wissen, wie wir vorgehen würden, wenn wir diese Akte auf den Tisch bekämen. Wir kamen dabei recht schnell auf eine Öffentlichkeitsfahndung nach § 131b StPO, wobei wir ausführlich darüber sprachen, was unter einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu verstehen ist und ob es sich bei dem Computerbetrug hinsichtlich der Abhebung der 500 € um eine Straftat von erheblicher Bedeutung handelte. Dabei gingen wir auch darauf ein, ob man evtl. aus anderen strafprozessualen Maßnahmen mit Katalogtaten einen Anhaltspunkt für eine Straftat von erheblicher Bedeutung gewinnen kann.
Im Ergebnis kamen wir darauf, dass es sich hinsichtlich der Entwendung der Handtasche entweder um einen Raub oder eine Hehlerei handeln könnte und kamen so noch auf die Wahlfeststellung zu sprechen. Diese besprachen wird nochmals etwas ausführlicher, wobei der Prüfer wiederum besonderen Wert auf die genauen Begrifflichkeiten legte.