Protokoll der mündlichen Prüfung zum 2. Staatsexamen – Sachsen-Anhalt vom März 2022

Prüfungsthemen: Öffentliches Recht

Vorpunkte der Kandidaten

Kandidat

1

Note staatl. Teil 1. Examen

9

Gesamtnote 1. Examen

9

Gesamtnote 2. Examen

10,53

Zur Sache:

Prüfungsthemen: Polizeirecht

Paragraphen: §40 VwGO, §42 VwGO, §68 VwGO

Prüfungsgespräch:  Frage-Antwort, hält Reihenfolge ein, verfolgt Zwischenthemen, Fragestellung klar

Prüfungsgespräch:

Die Prüferin stellte zunächst den folgenden Fall, den wir im Anschluss noch einmal selbst zusammenfassen sollten. Im Land Sachsen-Anhalt war an einem Sonntag im November 2021 in einer Großstadt ein Fußballpokalderby geplant, wobei gewalttätige Auseinandersetzungen zu befürchten waren. Daher war die Polizei auch schon Tage vorher besonders wachsam. In einem 50km entfernten Ort fanden sich zwei Tage vor dem Spiel gegen 20:30 Uhr auf einem Parkplatz etwa 100 schwarz gekleidete Personen zu einer Massenschlägerei unter Hooligans ein. Bei solchen Massenschlägereien sind Mundschutz, Bandagen und Lederhandschuhe erlaubt, Waffen sowie das Eintreten auf am Boden liegende Personen aber verboten. Gegen 21:00 Uhr sperrte die Polizei den Parkplatz, nachdem Bewegung in die Menge gekommen war, und sie ordnete die Ingewahrsamnahme aller auf dem Parkplatz befindlichen Personen an. Anwesend war u.a. der F sowie auch dessen Freundin K, die sich allerdings auf dem Rücksitz des Fahrzeuges befand. Nunmehr versuchten alle Personen zu fliehen. F und K konnten von der Polizei gestoppt werden. Bei F fand man Zahn- und Knieschutz, bei K dagegen nur Schmuck in ihrer Handtasche, auch trug die K nur damenübliche Mode wie einen langen eleganten Mantel. Die Polizei verbrachte nun aber auch die K in das Präsidium und gab ihr eine Einzelzelle. Das Amtsgericht ordnete die Ingewahrsamnahme der K bis Sonntag 20:00 Uhr an. Gegen diesen Beschluss des Amtsgerichts legte die K kein Rechtsmittel ein. Das Ermittlungsverfahren gegen den F wurde wegen des fehlenden hinreichenden Tatverdachts später eingestellt. Nach Anhörung der K erließ die Polizei am 19. November 2021 einen Kostenbescheid in Höhe von 100 € (2 Tage zu je 50 €), gegen den die K am 12. Dezember 2021 Klage erhoben hat. Wir prüften zunächst die Zulässigkeit einer solchen Klage. Im Rahmen der Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges sprachen wir § 23 EGGVG an und grenzten repressives von präventivem Verhalten ab. Statthafte Klageart war die Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 VwGO. Wir sprachen kurz über die Merkmale des Verwaltungsaktes gem. § 35 VwVfG und die Abgrenzung zu einem Realakt. Die Klagebefugnis lag nach der Adressatentheorie gem. § 42 Abs. 2 VwGO vor. Danach kamen wir zum Vorverfahren, welches hier entbehrlich war. Dabei sollte der Sinn und Zweck des Vorverfahrens herausgestellt werden. Nun gingen wir – wegen der fortgeschrittenen Zeit recht kurz – auf die Begründetheit ein. Dazu nannten wir den Maßstab des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO. Die formelle Rechtmäßigkeit war zu bejahen. Dabei wollte die Prüferin im Rahmen des Prüfungspunktes der Anhörung im Verfahren kurz auf die reformatio in peius ganz abstrakt eingehen. Bei der Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit sprachen wir §§ 37 f. SOG LSA an und gingen darauf ein, ob es ein Problem darstellt, dass die K den Beschluss des Amtsgerichts hatte, bestandskräftig werden lassen. Abschließend waren kurz die Voraussetzungen der Verwirkung zu nennen.

Bei den obigen anonymisierten Protokollen handelt es sich um eine Original-Mitschrift aus dem zweiten Staatsexamen der Mündlichen Prüfung in Sachsen-Anhalt im März 2022. Das Protokoll stammt aus dem Fundus des Protokollverleihs Juridicus.de.

Weggelassen wurden die Angaben zum Prüferverhalten. Die Schilderung des Falles und die Lösung beruhen ausschließlich auf der Wahrnehmung des Prüflings.