Prüfungswissen: Die Nichtzulassungsbeschwerde, § 544 ZPO

Hinweis: Einführung zu der Entscheidungsbesprechung: Welche Rechtsmittelfrist läuft, wenn Urteil nicht zugestellt wurde?  (BGH, Beschluss vom 12.02.2015 – IX ZR 156/14) Die Entscheidungsbesprechung wird heute mittag veröffentlicht.

Verständnisgrundlagen: Die Nichtzulassungsbeschwerde, § 544 ZPO

In einem Berufungsurteil ist von Amts wegen über die Zulassung der Revision zu entscheiden. Erfolgt keine ausdrückliche Entscheidung über die Zulassung, gilt die Zulassung als verweigert.
Hat das Berufungsgericht in seinem Urteil die Revision nicht zugelassen oder enthält das Urteil keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision, kann der Rechtsmittelführer die Nichtzulassungsbeschwerde gem. § 544 ZPO VwGO erheben.

I. Die Zulässigkeit der Beschwerde

1. Zuständiges Gericht
Der Antrag auf Zulassung der Revision ist beim Revisionsgericht einzureichen.

2. Die Zulassung der Revision kommt nur dann in Betracht, wenn die Entscheidung, gegen welche Zulassung erfolgen soll, auch der Revision unterliegt.
Ausgenommen sind nach § 542 II ZPO nur Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung entschieden worden ist. Dasselbe gilt für Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren oder im Umlegungsverfahren.

3. Beschwerdeberechtigt sind nur die Beteiligten des vorhergehenden Verfahrens.

4. Beschwer
Der Beschwerdeführer muss durch die angefochtene Entscheidung beschwert sein.

5. Form
Die Nichtzulassungsbeschwerde muss schriftlich und mit eigenhändiger Unterschrift erhoben werden.

6. Frist
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist gem. § 544 I 2 ZPO binnen einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Urteils zu erheben. Die Begründung muss innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung erfolgen (§ 544 II ZPO).

7. Inhalt der Beschwerdeschrift
Die Antragsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Darüber hinaus muss eine konkrete Begründung im Hinblick auf einen bestimmten Zulassungsgrund erfolgen. Die Begründung hat genau zwischen den verschiedenen Zulassungsgründen zu unterscheiden.

II. Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet, wenn ein Zulassungsgrund des § 543 II ZPO vorliegt.

1. Grundsatzrevision
Nach § 543 II Nr. 1 ZPO ist die Revision zuzulassen, wenn die maßgeblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung haben. Erforderlich sind daher:
Verallgemeinerungsfähigkeit
Klärungsbedürftigkeit
Entscheidungserheblichkeit

2. Fortbildung des Rechts
Die Voraussetzungen für eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts nach § 543 II Nr. 2 1. Alt ZPO sind gegeben, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder jedenfalls verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe („Leitentscheidung“) ganz oder teilweise fehlt (BGHZ 151, 221 (225) = NJW 2002, 3029; 154, 288 (292) = NJW 2003, 1943; NJW 2003, 437; NJW 2003, 3352; NJW-RR 2003, 132; GuT 2007, 132).

3. Einheit der Rechtsprechung
Zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rspr nach § 543 II Nr. 2 2. Alt ZPO ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich, wenn nur so zu vermeiden ist, dass schwer erträgliche Unterschiede in der Rspr entstehen oder fortbestehen, wobei es darauf ankommt, welche Bedeutung die angefochtene Entscheidung für die Rspr im ganzen hat (BGHZ 154, 288 = NJW 2003, 1943; BT-Drs 14/4722, 104).

Veröffentlicht in der Zeitschriftenauswertung (ZA) August 2015