Dieser Fall beschäftigt sich mit der Obdachloseneinweisung aufgrund der polizeilichen Generalklausel und den Grundlagen des Verwaltungsvollstreckungsrechts im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 V VwGO.
Die Lösung zu diesem Fall wird am 01.08.2016 zur Verfügung gestellt!
Den größten Lerneffekt erzielt Ihr, wenn Ihr erstmal versucht, den Fall durchzulösen, um dann mit der Lösung den Lernerfolg zu überprüfen und Lücken zu schließen.
Fall 9 – Nicht in meinem Haus
E ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in der Stadt G in NRW. In dem Haus stehen seit über einem Jahr mehrere Wohnungen leer.
Im Januar 2008 greift die Ordnungsbehörde der Stadt G den Obdachlosen O auf der Straße auf. Die städtischen Obdachlosenunterkünfte sind jedoch allesamt belegt und auch die Ausweichquartiere bieten keine Kapazitäten mehr. Daraufhin ersucht die Stadt G den E, ihr die leerstehenden Wohnungen zum Zwecke der Unterbringung von Obdachlosen zu vermieten. Dies wird von E jedoch mit der Begründung abgelehnt, er wolle solch ein Gesindel nicht im Hause haben und würde eher den Wohnungsleerstand in Kauf nehmen. E wird darauf hingewiesen, dass im Falle seiner Weigerung eine Einweisung des Obdachlosen per Ordnungsverfügung erfolgen werde, der er wegen der Eilbedürftigkeit dann auch sofort nachgekommen müsse. E bleibt jedoch dabei, dass ihm solche Leute nicht ins Haus kämen.
Daraufhin stellt die Stadt G am 04.01.2008 dem E eine Ordnungsverfügung zu, mit der sie den O in die Wohnungen in der 1. Etage links in das Haus des E für die Dauer von 2 Monaten einweist. Gleichzeitig ordnet sie die sofortige Vollziehung dieser Verfügung mit der Begründung an, dem O könne ein weiteres Leben auf der Straße nicht zugemutet werden und andere Unterbringungsmöglichkeiten bestünden nicht. Die Sache sei daher eilbedürftig, so dass sie auf sofortige Umsetzung der Einweisungsverfügung drängen müsse. Für den Fall, dass der E dem O entsprechend seiner Andeutung bis 08.01.2008 keinen Zutritt gewährt, wird ihm ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000,00 € angedroht.
Hiervon lässt sich der E jedoch nicht beeindrucken. Er erhebt gegen die Ordnungsverfügung und gegen die Zwangsgeldandrohung sofort Klage beim zuständigen VG und beantragt einstweiligen Rechtsschutz. Wird das Gericht seinem Begehren stattgeben?
Fallvariante 1:
E nimmt die Zwangsgeldandrohung in Kauf, da ihm eine solche Zahlung lieber ist, als den Obdachlosen O in seinem Hause zu dulden. Daraufhin setzt die Stadt G das Zwangsgeld gegen ihn fest. Gleichzeitig droht sie ihm die Ersatzvornahme an und stellt diese Bescheide zu. Sie teilt dem E mit, dass sie dem O den Zutritt zu der Wohnung durch einen Schlüsseldienst verschaffen werde, wenn E die Wohnung nicht bis zum 12.01.2008 dem O zur Verfügung stellt. Sie stellt dem E in Aussicht, dass hierdurch Kosten in Höhe von ca. 350,00 € entstehen werden, die E dann zu zahlen habe. E zahlt das festgesetzte Zwangsgeld, lässt den O aber noch immer nicht in die Wohnung. Daraufhin setzt die Stadt G die Ersatzvornahme fest. E meint aber, die zwangsweise Wohnungsöffnung gehe zu weit. Er sucht um einstweiligen Rechtsschutz nach. Ist der Antrag begründet?
Fallvariante 2:
Die Behörde verschafft dem O im Wege der Ersatzvornahme Zutritt zur Wohnung. Gegenüber dem E macht sie nunmehr die Kosten geltend.
– Hat eine hiergegen gerichtete Klage des E aufschiebende Wirkung?
– Woraus ergibt sich eine Berechtigung der Behörde zur Geltendmachung der Kosten?
Fallvariante 3:
E unternimmt zunächst nichts. Die Stadt G verschafft dem O am 13.01.2008 durch Wohnungsöffnung Zutritt zu der Wohnung des E und nimmt den E nunmehr auf Zahlung von 350,00 € in Anspruch. Hiergegen wendet sich E. Zu Recht?
Fallvariante 4:
Nach Ablauf der 2 Monate hat die Stadt G für O einen Platz in einer Obdachlosenunterkunft gefunden. Nach dem Auszug des O verlangt E nunmehr die Kosten für die Miete, Nebenkosten und für die Renovierung der Wohnung. Hat er einen Anspruch?